Die Beschilderung ist der Ausgangspunkt für einen Geschwindigkeitsvorwurf. Mit einem Beschilderungsplan, der Zeugenaussage eines Messbeamten oder besser mit datierten Fotos ist die tatsächliche Beschilderung auch vergleichsweise objektiv festzustellen. In zweiter Stufe ist zu prüfen, wie gut diese Beschilderung wahrgenommen werden konnte, um den Fahrlässigkeitsgrad einer behaupteten Nichtwahrnehmung zu prüfen.
Die hauptsächlichen Kriterien zur Beurteilung der Wahrnehmung einer Beschilderung sind: ein- oder beidseitige Aufstellung, keine, einmalige oder mehrfache Wiederholung. Die grundsätzlichen Anforderungen sind dabei uneinheitlich: Für Blum ist die Übertretung bei einem mehrfach aufgestellten Verkehrszeichen ein deutliches Indiz für Vorsatz. Gürtler wertet eine vielfach wiederholte Missachtung von Geschwindigkeitsbegrenzungen sowie mehrfache Missachtungen von Hinweisen auf Radarkontrollen als Indiz für Vorsatz.
Zumindest bei einer dreimaligen Missachtung der Beschilderung über einen Kilometer sieht auch das OLG Koblenz bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um über 20 km/h (nach Toleranzabzug) einen länger andauernden Sorgfaltsverstoß, der zu einem höheren Bußgeld als der Regelsatz vorsieht, führen kann. Es liege, wenn nicht sogar vorsätzliche Begehung, zumindest aber eine gesteigerte Fahrlässigkeit vor.
Fall 4: Eine Übertretung von 22 km/h auf einer BAB bei erlaubten 100 km/h veranlasst das Gericht zu einem Vorsatzhinweis in der Ladung wegen "mehrfacher Doppelbeschilderung und massiver Geschwindigkeitsüberschreitung". Nach dem Hinweis der Verteidigung, dass der Beschilderungsplan bei der Fahrrichtung des Betroffenen, anders als bei der Gegenrichtung, keine Wiederholung der Beschilderung verzeichnet und die Übertretung nur knapp im Eintragungsbereich liegt, wird der Vorsatzhinweis zurückgenommen.
Fall 5: Dem Versuch der Verteidigung eine Übertretung um 27 km/h auf einer BAB als unterdurchschnittlich fahrlässig zu werten, weil das (beidseitige) Verkehrszeichen, das 100 km/h Höchstgeschwindigkeit vorschrieb, vor der Messstelle nicht wiederholt wurde, tritt das Gericht mit der Begründung entgegen, es liege mittlere Fahrlässigkeit vor, wenn man sich nicht über die erlaubte Geschwindigkeit informiere. Eine unterdurchschnittliche Fahrlässigkeit komme nur bei schlechter Erkennbarkeit des Verkehrszeichens in Betracht und ein Verstoß nach einer Wiederholung lasse diesen schon in Richtung Vorsatz tendieren.
Einer solchen Auffassung muss sofort widersprochen werden: Eine schlechte Erkennbarkeit eines Verkehrszeichens spricht für seine Nichtigkeit. Ob bereits eine Wiederholung des Verkehrszeichens für sich allein gesehen schon ein genügendes Indiz für Vorsatz sein kann, soll unten weiter vertieft werden.
1. Sonderfall Trichter
Die Heruntertrichterung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn ist ein typischer Anlass für einen Vorsatzhinweis. Umstritten ist, ab wann von einem Trichter ausgegangen werden sollte. Schon sprachlich kann nicht von einem Trichter ausgegangen werden, wenn die gleiche Höchstgeschwindigkeit wiederholt wird, Es bedarf mindestens einer Reduzierung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von der ersten auf die zweite Beschilderung. Einige Gerichte halten mindestens drei aufeinander folgende Beschilderungen für erforderlich, von denen zumindest die dritte eine geringere Höchstgeschwindigkeit als die erste oder zweite Beschilderung vorsieht. Ersatzweise können auch weitere Umstände für eine Trichterung sprechen, nämlich wenn eine Fahrspurverengung den Grund für eine stufenweise Geschwindigkeitsreduzierung evident erscheinen lässt. Ob auch eine Anschlussstelle, die im Regelfall nicht so ins Auge fällt, wie die durch Barken unübersehbare Fahrspurverengung, ein gleichgewichtiges Indiz für Vorsatz sein sollte, scheint dagegen deutlich umstrittener.
Fall 6: Bei einer Übertretung von 24 km/h außerorts, bei zulässigen 80 km/h, vergleicht das Gericht die ständige Rechtsprechung einer anderen Bußgeldabteilung desselben Gerichts und teilt mit, dass es trotz Geschwindigkeitstrichters (100 – 80 – 80) nicht von Vorsatz ausgeht.
Fall 7: Auch ein anderes Gericht nimmt die Übertretung von 44 km/h auf einer BAB, bei erlaubten 60 km/h nach Geschwindigkeitstrichter (120-100-80-60, jeweils beidseitig), nicht zum Anlass für einen Vorsatzhinweis. Für die nicht vorbelastete Betroffene werden die Härtefallumstände für eine Fahrverbotsumwandlung berücksichtigt und das ursprünglich festgesetzte Bußgeld dafür auf 320 EUR verdoppelt.
Fall 8: Im extremen Gegensatz daz...