Hinweis

Zitat

Wir weisen darauf hin, dass es zwischen der Erstellung des Sachverständigengutachtens und der nunmehr erfolgten Reparatur zu einer vom Geschädigten nicht vorhersehbaren und auch nicht zu vertretenden Preissteigerung gekommen ist. Ihr Einwand, dass die Mandantschaft die Reparatur früher hätte in Auftrag geben müssen, um ihrer Pflicht zur Schadengeringhaltung gerecht zu werden, ist unzutreffend.

Nach dem Urteil des BGH vom 18.2.2020 – 6 ZR 150/19 sind Preissteigerungen, die für eine fiktive Reparatur in der Referenzwerkstatt anfallen würden, bis zur vollständigen Bezahlung des objektiv zur Schadenbeseitigung erforderlichen Betrages (bzw. revisionsrechtlich bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung) grundsätzlich berücksichtigungsfähig. Dabei geht der BGH von der Preissteigerung der Reparatur insgesamt aus. Da der Geschädigte im Regelfall kein eigenes Geld zur Vorfinanzierung der Schadenbeseitigung aufwenden muss (so BGH, 6.11.1993 – 6 ZR-27/73), war die Mandantschaft weder verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen oder fremden Mitteln vorzufinanzieren, weshalb eine Pflicht zur zeitnahen Reparaturauftrages nicht bestand. Wenn sich aber dann die gesamte Reparatur um die Preissteigerung verteuert und die Mandantschaft auch eine anteilige Reparatur im Umfang des vom Versicherer bereits erstatteten Betrages nicht in Auftrag geben muss, ist die Nachforderung der Mandantschaft insoweit umso mehr berechtigt.

 

Erläuterung:

Ersatzteilpreissteigerungen, Ukraine-Krieg, steigende Energie- und Personalkosten o.Ä. führen dazu, dass derzeit bei Reparaturwerkstätten massive Preiserhöhungen stattfinden. Hinzu kommt, dass gerade durch Lieferengpässe und durch Werkstattauslastung zwischen dem schädigenden Ereignis und einer möglichen Reparatur nicht wenig Zeit verstreicht. Der Versicherer erachtet dann die im Regelfall als Schadenprognose im Rahmen des vorgelegten Gutachtens erstellten Kalkulation als in "Stein gemeißelt", weshalb der Geschädigte dann zum einen sich mit dem Vorwurf konfrontiert sehen muss, die Reparatur verspätet in Auftrag gegeben zu haben, und andererseits gegenüber dem Argument, dass sich Preissteigerungen regelmäßig nur auf den noch offenstehenden Reparaturkostenbetrag beziehen können.

Der BGH hat mit der Entscheidung vom 18.2.2020 – 6 ZR 150/19 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es für den Schadenersatz auf die Preise zum Zeitpunkt der vollständigen Erfüllung – bzw. der letzten mündlichen Verhandlung – ankommt. Daraus folgt eindeutig, dass Preissteigerung selbst bei einer fiktiven Reparatur in einer Referenzwerkstatt bis zur vollständigen Bezahlung des objektiv zur Schadenbeseitigung erforderlichen Betrags (revisionsrechtlich bis zur letzten mündlichen Tatsachenverhandlung) grundsätzlich zu berücksichtigungsfähig sind.

Klargestellt wird ebenfalls, dass der Geschädigte im Regelfall den Schaden nicht vorfinanzieren muss bis zum Rechtsgedanken hin, dass der Geschädigte die angedachte Reparatur erst dann in Auftrag geben muss, wenn er das zur Begleichung der (angedachten) Rechnung erforderliche Geld vollständig vom Schädiger erhalten hat. Eine erklärte Haftung des Versicherers ersetzt die Reparaturkostenerstattung im konkreten Abrechnungsfall nämlich nicht.

Autor: Claudio La Malfa

RA Claudio La Malfa, FA für Verkehrs- und Versicherungsrecht

zfs 6/2023, S. 303

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