II. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die festgestellten Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Der Klägerin steht der gegenüber den Beklagten der geltend gemachte Anspruch aus § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG teilweise zu. Unter Abwägung der Verursachungsbeiträge ist von einer Verschuldensquote von 80 % bei den Beklagten und 20 % bei der Klägerin auszugehen.
Im Rahmen der bei einem Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge erforderlichen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 StVG ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nur unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er für die nach § 17 Abs. 1 u. 2 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. BGH, NZV 1996, 231).
Hier streitet zu Lasten des Beklagten zu 2) der Anscheinsbeweis des von hinten Auffahrenden. Denn es spricht ein Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall verschuldet hat, weil er entweder gemäß § 4 Abs. 1 StVO den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat, gemäß § 1 StVO unaufmerksam war oder aber gemäß § 3 Abs. 1 StVO mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2016 – VI ZR 32/16, SVR 2017, 215, 216). Hier ist unstreitig, dass der Beklagte zu 2) mit seinem Fahrzeug in das Heck des unfallgegnerischen Fahrzeugs fuhr.
Der erste Anschein des Verschuldens kann nur dadurch erschüttert werden, dass ein atypischer Verlauf vom Auffahrenden dargelegt und bewiesen wird, für den die Verschuldensfrage in einem anderen Lichte erscheint (vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1988 – VI ZR 223/87, NJW-RR 1989, 670, 671).
Die Voraussetzungen eines atypischen Falls liegen hier nicht vor. Um den Anscheinsbeweis für ein Auffahrverschulden zu erschüttern, würde es nicht genügen, wenn der Voranfahrende in der Anfahrtphase, wie die Beklagten hier behaupten, grundlos abgebremst hat (vgl. OLG Düsseldorf Urt. v. 10.11.2003 – 1 U 28/02, BeckRS 2003, 30332759). Zwar darf im Hinblick auf den Sicherheitsabstand während des Anfahrens bei Grünlicht ausnahmsweise so angefahren werden, wie die Fahrzeuge gestanden haben, weil anderenfalls die Grünphase nicht ausgenutzt und der Verkehr behindert würde (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 4.6.1998 – 6 U 150/97, NZV 1998, 464), den geringen Anforderungen an das Abstandsgebot ist aber stets durch erhöhte Aufmerksamkeit und erhöhte Bremsbereitschaft Rechnung zu tragen (vgl. Hentschel/König/Dauer/König, 47. Aufl. 2023, StVO § 4 Rn 9).
Ein der Klägerin zurechenbarer Verkehrsverstoß steht demgegenüber nicht mit hinreichender Sicherheit fest. Entgegen der Annahme des Landgerichts im angefochtenen Urteil steht nicht fest, dass die Zeugin K. auf der Kreuzung abbremste, weil der Zeuge Dr. Z. fälschlicherweise mit Blick auf die Rechtsabbiegeampel der Zeugin zugerufen habe, sie sei bei Rot in den Kreuzungsbereich eingefahren. Feststellungen zu den Ampelphasen sind vom Landgericht nicht getroffen worden und der Rückschluss des Landgerichts, der Zeuge Dr. Z. müsse auf die Ampel für Rechtsabbieger geschaut haben, findet in den Angaben der vernommenen Zeugen auch keinerlei Stütze.
Hiernach kann der Senat nicht zu Lasten der Klägerin feststellen, dass das Bremsen nach Überfahren der Haltelinie zu Unrecht durch den Hinweis auf vorhandenes Rotlicht motiviert war.
Ein wahlweise in Betracht kommender Verstoß der Zeugin K. gegen § 37 Abs. 2 StVO (Verstoß gegen Haltegebot bei Rotlicht) muss bei der Abwägung außer Betracht bleiben. Denn ein solcher Verstoß ist für die Abwägung ohne Bedeutung, weil das Rotlicht den kreuzenden Verkehr schützt, nicht aber den nachfolgenden.
Letztlich muss die Frage nach dem Ampellicht nicht weiter aufgeklärt werden, denn für die Annahme eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO genügt ein unerwartetes Bremsen allein ohnehin nicht. Ein "starkes Abbremsen" i.S.d. § 4 StVO ist erst gegeben, wenn ein "plötzliches" Bremsen deutlich über das Maß eines "normalen" Bremsvorgangs hinausgeht (vgl. KG, Urt. v. 11. 7. 2002 – 12 U 9923/00, NZV 2003, 41). Hierfür besteht kein Anhaltspunkt. Da die Zeugin K. mit dem Klägerfahrzeug gerade erst angefahren war, kann sie schon gar keine Geschwindigkeit aufgenommen haben, in der ein starkes Abbremsen überhaupt möglich gewesen wäre.
Allerdings muss sich die Klägerin die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs anrechnen lassen. Die Zeugin K. hat nach Überfahren der Haltelinie entweder gebremst, weil sie auf ein zuvor übersehenes Rotlicht hingewiesen wurde oder, weil sie auf den Beifahrer, den Zeugen Dr. Z., hörte, der sie fälschlicherweise vor Rotlicht warnte. Weder im einen noch im anderen Fall...