1. Die Einstandspflicht der Bekl. dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
2. Mit der Zahlung eines Betrages von 5.157,23 EUR hat die Bekl. ihre Verpflichtung jedoch erfüllt. Sie hat den Netto-Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts und der Selbstbeteiligung erstattet. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer auf den Wiederbeschaffungswert besteht nicht. Dabei kann dahinstehen, ob einer Erstattung der Mehrwertsteuer eine eventuelle Vorsteuerabzugsberechtigung der finanzierenden Bank und Sicherungseigentümerin entgegenstünde. Denn bereits aus anderen Gründen scheidet eine Erstattungspflicht insoweit aus.
Nach Ziff. A.2.5.4 der AKB 2015 ist die Mehrwertsteuer nur zu erstatten, wenn und soweit diese für den VN bei der von ihm gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen ist. Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Denn die Mehrwertsteuer ist nicht "bei der […] Schadenbeseitigung" angefallen. Die AKB sind nach ihrem Sinn und Zweck dahin auszulegen, dass ein Anfall "bei der […] Schadenbeseitigung" nur dann angenommen werden kann, wenn der Anfall der Mehrwertsteuer kausal durch das versicherte Ereignis – den Unfall – verursacht worden ist. Dass zufällig in zeitlichem Zusammenhang mit einem versicherten Ereignis Mehrwertsteuer anfällt, kann nicht ausreichen.
An der Kausalität fehlt es vorliegend. Eine Ursache ist als condicio sine qua non dann für einen Schaden kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schaden entfiele (…).
Die Mehrwertsteuer für das neuerworbene Fahrzeug wäre jedoch in jedem Fall angefallen, auch wenn es nicht zu dem versicherten Unfallereignis gekommen wäre. Die Kl. hat das Ersatzfahrzeug bereits im September 2022 – vor dem Unfall – bestellt. Auch die Verschiebung des Auslieferungstermins im Dezember 2022 auf das Jahr 2023 erfolgte bereits vor dem Unfall. Auch ohne den Unfall wäre das neue Auto im Mai 2023 ausgeliefert worden.
Dahinstehen kann dabei, ob die Kl. zum Unfallzeitpunkt von der Bestellung noch hätte zurücktreten können. Denn auch dies würde nicht dazu führen, dass die Bestellung und der Anfall der Mehrwertsteuer kausal durch den Unfall verursacht worden wären. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Kl. tatsächlich zurücktreten wollte, aufgrund des Unfalls dann doch an der Bestellung festgehalten hat. Eine bloß hypothetische Fallgestaltung dahingehend, dass die Kl. theoretisch von der Bestellung hätte zurücktreten und diese Entscheidung aufgrund des Unfalls revidieren können, genügt nicht für eine Haftung der Beklagten. Denn zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs darf zwar das streitige Ereignis weggedacht, nicht jedoch ein weiteres hinzugedacht werden (…). Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Kl. ohne den Unfall eine Stornierung der Bestellung auch nur in Erwägung gezogen hätte. Dieses Ereignis müsste also hinzugedacht werden, um von einer fehlenden Verbindlichkeit der Bestellung zum Unfallzeitpunkt ausgehen zu können.
Unbeachtlich ist ebenfalls, zu welchem Zeitpunkt die Mehrwertsteuer angefallen ist. Den nach den vorstehenden Ausführungen ist ihr Anfall jedenfalls nicht kausal durch das versicherte Schadensereignis verursacht worden.
zfs 6/2024, S. 328