[…] II.
[10] Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg. Das Urteil weist weder zum Schuld- noch zum Straf- oder Maßregelausspruch einen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Der Erörterung bedarf nur das Folgende:
[11] 1. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen tragen die Annahme des Mordmerkmals der Heimtücke im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB.
[12] a) Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und dadurch bedingte Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet. Ohne Bedeutung ist dabei, ob das Opfer die Gefährlichkeit des drohenden Angriffs in ihrer vollen Tragweite überblickt (vgl. BGH, Beschl. v. 15.2.2022 – 4 StR 491/21, NStZ 2022, 364, 365; Beschl. v. 10.1.1989 – 1 StR 732/88, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 7). Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Opfer aber gleichwohl in der Tatsituation nicht (mehr) mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 – 4 StR 491/04, NStZ 2005, 691; Urt. v. 12.2.2003 – 1 StR 403/02, BGHSt 48, 207, 210; siehe auch BGH, Urt. v. 30.8.2012 – 4 StR 84/12, NStZ 2013, 337, 338 m.w.N.). Entscheidend ist auch hier, dass der Täter sein keinen Angriff erwartendes Opfer in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn zumindest zu erschweren (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 30.3.2023 – 4 StR 234/22, NStZ-RR 2023, 245, 246; Urt. v. 4.2.2021 – 4 StR 403/20, NStZ 2023, 232, 234; Urt. v. 20.10.1993 – 5 StR 473/93, BGHSt 39, 353, 368 f.; Urt. v. 26.11.1986 – 3 StR 372/86, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 2 m.w.N.). Das Opfer kann auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm offen feindselig entgegentritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff aber so kurz ist, dass keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2023 – 1 StR 104/23; Urt. v. 16.8.2005 – 4 StR 168/05, NStZ 2006, 167, 169; Urt. v. 4.6.1991 – 5 StR 122/91, BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 15 m.w.N.). Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist schließlich, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 15.2.2022 – 4 StR 491/21, NStZ 2022, 364, 365; Urt. v. 23.7.2020 – 3 StR 77/20 Rn 9).
[13] b) Gemessen hieran ist heimtückisches Handeln des Angeklagten festgestellt und tragfähig belegt.
[14] aa) Zwar ging dem Tatgeschehen eine verbal und körperlich geführte Auseinandersetzung voraus; im Rahmen dieser Auseinandersetzung verhielt sich der Angeklagte aber zurückhaltend, passiv und ängstlich. Der Geschädigte erwartete nach der aus seiner Sicht beendeten Auseinandersetzung keinen erheblichen Angriff gegen seine körperliche Integrität, sondern rechnete allenfalls damit, dass der ihm körperlich unterlegene Angeklagte ihn angesichts seines vorangegangenen Verhaltens zur Rede stellen oder ihm "Angst einjagen" könne. Den Urteilsfeststellungen ist daher mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, dass das Tatopfer nicht mit einem Angriff auf sein Leben oder mit einem erheblichen Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit rechnete. Dass es sich unmittelbar vor der Kollision umwandte und den Angriff daher in letzter Minute wahrnahm, stellte – worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat – seine Arglosigkeit nicht in Frage, weil die verbleibende Zeitspanne zu kurz war, um der nunmehr erkannten Gefahr zu begegnen.
[15] bb) Die Feststellungen sind auch tragfähig belegt. Das LG hat in diesem Zusammenhang rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Geschädigte dem Angeklagten den Rücken zuwandte und seinen Weg unbeirrt fortsetzte, ohne die Möglichkeit zur Flucht zu ergreifen. Einen rechtlich erheblichen Erörterungsmangel (zum revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. nur BGH, Urt. v. 30.3.2023 – 4 StR 234/22, NStZ-RR 2023, 245, 246) zeigt die Revision nicht auf. Die tatgerichtlichen Schlussfolgerungen sind möglich; zwingend müssen sie nicht sein.
[16] cc) Auch die Annahme eines Ausnutzungsbewusstseins beruht auf einer tragfähigen Beweisgrundlage. Dabei hat das LG neben der anschaulichen Höchstgefährlichkeit der Angriffsweise auch die Umstände, die indiziell gegen ein Ausnutzungsbewusstsein sprechen können (vorangegangene Auseinandersetzung, spontaner Tatentschluss, Erregung und Wut des Angeklagten), ausdrücklich in den Blick genommen. Seine Überzeugung beruht auf einer Gesamtschau aller Beweisanzeichen und ist daher rechtsfehlerfrei.
[17] 2. Entgegen der Auffassung der Revision weist die Strafzumessung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Zwar ist im R...