Unter der Geltung des RBerG war in stärkerem Maße als nach dem RDG die außergerichtliche Rechtsberatung der Anwaltschaft vorbehalten. Das RDG will eine Öffnung des Rechtsberatungsmarktes bewirken. Der schon immer bestehenden Problematik von Interessenkollisionen hatte seit jeher das anwaltliche Berufsrecht Rechnung getragen. In § 43a Abs. 4 BRAO heißt es: Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten.
Darüber hinaus wurde und wird die Stellung des Rechtsanwalts auf dem Rechtsberatungsmarkt durch seine Unabhängigkeit geprägt. Da der Gesetzgeber bei Schaffung des RDG durchgehend den Verbraucherschutz im Auge behalten hat, war es konsequent, in das RDG eine Bestimmung aufzunehmen, welche die Problematik der Interessenkollisionen auch für andere Rechtsdienstleister regelt. Diese Bedeutung hat § 4 RDG, welches den für das gesamte RDG geltenden Grundsatz normiert, wonach Rechtsdienstleistungen, unabhängig davon, auf welcher Grundlage sie erbracht werden, unzulässig sind, wenn sie mit anderen Leistungsverpflichtungen des Erbringers unvereinbar sind. Es ist zwar richtig, dass diese Bestimmung insbesondere auf Rechtsdienstleistung von Rechtsschutzversicherern abstellt, aber keineswegs ausschließlich. Die Begründung zu dem Gesetz weist ausdrücklich darauf hin, dass eine Unvereinbarkeit einer Rechtsdienstleistung mit einer anderen Leistungspflicht dann vorliegt, wenn die Rechtsdienstleistung unmittelbar gestaltenden Einfluss auf den Inhalt der bereits begründeten Hauptleistungspflicht des Leistenden haben kann. Zudem müsste gerade hierdurch die ordnungsgemäße – d.h. objektive, frei von eigenen Interessen erfolgende – Erfüllung der Rechtsdienstleistungspflicht gefährdet sein.
Gerade hier liegt aber die Problematik, wenn Mitarbeiter von Kfz-Werkstätten oder Mietwagenunternehmer auf die Unfallschadenregulierung Einfluss nehmen. Insbesondere bei der Abwicklung des Kfz-Schadens gibt es zahlreiche Fallkonstellationen, bei denen der Geschädigte die Wahl hat, ob er im Rahmen des Schadensersatzrechtes zulässigerweise eine Reparatur des Fahrzeuges vornimmt oder aber eine Ersatzbeschaffung. Dies gilt auch für die weitere Frage, ob eine abstrakte Schadensberechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens vorgenommen werden soll oder aber eine konkrete durch Vorlage der Rechnung einer Werkstatt. Ein Autohaus hat naturgemäß eigene und ganz legitime Interessen, wenn es darum geht, eventuell primär die Werkstatt auszulasten oder aber auch die Gebrauchtwagenbestände abzubauen. Wenn in diesem Zusammenhang der Geschädigte von der Werkstatt im Zuge der Unfallschadenregulierung beraten werden soll – und sei es auch nur auf dem Teilbereich des Kfz-Schadens im Rahmen von § 5 Abs. 1 RDG – so liegt eine Gefährdung der Erfüllung der Rechtsdienstleistungspflicht vor, weil eben keine objektive, frei von eigenen Interessen erfolgende Beratung erwartet werden kann.
Ähnlich liegt es, wenn es um die Frage der abstrakten oder konkreten Schadensberechnung geht. Auch hier liegt natürlich ein wirtschaftliches Interesse der Kfz-Werkstatt nahe, den Schaden voll nach Gutachten zu reparieren, während möglicherweise gerade der wirtschaftlich nicht so leistungsstarke Geschädigte auf Grund einer Mithaftung mit einer Billigreparatur eventuell besser bedient sein könnte.
Ebenso verhält es sich bei der Entscheidung des Geschädigten, sich einen Mietwagen zu nehmen oder eventuell Nutzungsausfall geltend zu machen. Berücksichtigt man, dass Mietwagenunternehmer von diesem Geschäft leben und auch Kfz-Werkstätten entweder durch eigene Vermietung oder durch Provisionen daran partizipieren, so kann auch insoweit keine objektive, frei von eigenen Interessen erfolgende Erfüllung der Rechtsdienstleistungspflicht erwartet werden.