Zum Risikoausschluss in § 11 Nr. 2 AKB
BGH, Urt. v. 25.6.2008 – IV ZR 313/06 – VersR 2008, 1202 = r+s 2008, 372
1. Zum Sachverhalt
Dem zu besprechenden Fall liegt eine nicht ganz seltene Konstellation zugrunde. Bei einem Ehepaar hatte jeder der Ehepartner ein in seinem Eigentum stehendes Kraftfahrzeug; beide Fahrzeuge waren auf den Ehemann zugelassen. Der Ehemann war Versicherungsnehmer der jeweiligen Kfz-Haftpflichtversicherungen. In unserem Falle gab es einen Pkw Mini Cooper, der im Eigentum des Ehemannes und Versicherungsnehmers stand und einen Pkw Golf, der im Eigentum der Ehefrau stand, hinsichtlich dessen aber auch der Ehemann Versicherungsnehmer war. Als Führerin ihres Fahrzeugs – also des Golf – stieß die Ehefrau in der Hofeinfahrt des ehelichen Anwesens gegen den Pkw Mini Cooper ihres Mannes und verursachte einen Schaden von etwa 1.400 EUR. Der Ehemann verlangte – bezogen auf die Haftpflichtversicherung des Golf – vom Versicherer Zahlung dieses Betrages und meinte, der Haftpflichtversicherer müsse ihm diesen Schaden wie einem Dritten ersetzen. Der Versicherer berief sich demgegenüber auf den Haftungsausschluss in § 11 Nr. 2 AKB.
2. Zu den Entscheidungsgründen
Will der Kläger einen Direktanspruch gegen seinen Haftpflichtversicherer aus dem Vertrag über das den Schaden verursachende Fahrzeug geltend machen, so führt das zunächst zur Prüfung der Voraussetzungen des § 3 Nr. 1 PflVG (jetzt § 115 VVG). Der Kläger müsste also "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift sein und sich die Schadensersatzleistung zudem im "Rahmen der Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis" bewegen. Ob eine solche Leistungspflicht aus dem Versicherungsverhältnis besteht, entscheidet sich letztlich daran, ob der Leistungsausschluss in § 11 Nr. 2 AKB greift, auf den sich der Versicherer berufen hatte.
Der Tatbestand des Ausschlusstatbestandes besteht aus drei Elementen: Er greift ein, wenn
(1) es um Haftpflichtansprüche des Versicherungsnehmers, Halters oder Eigentümers geht, die
(2) gegen eine mitversicherte Person gerichtet sind und
(3) wegen Schäden an dem Anspruchsteller gehörenden Sachen oder seinem Vermögen erhoben werden.
In unserem Falle erhob der Versicherungsnehmer – es geht immer um das Versicherungsverhältnis, das den Pkw Golf betrifft – gegen eine mitversicherte Person, nämlich die Fahrerin des Pkw Golf, Ansprüche wegen eines Sachschadens an einer in seinem Eigentum stehenden Sache, nämlich den Pkw Mini Cooper. Dem Wortlaut nach greift der Ausschluss also ein – und so hat das auch der Bundesgerichtshof gesehen.
Er hat die Klausel so ausgelegt, dass jegliche dem Versicherungsnehmer von mitversicherten Personen (der Kreis ergibt sich aus § 10 Abs. 2 AKB) zugefügten Sach- und Vermögensschäden vom Ausschluss erfasst werden. Sie ist in ihrem Anwendungsbereich also nicht auf Schäden am versicherten Fahrzeug (Golf) beschränkt. Wäre das anders, bedürfte es schon des gesonderten Ausschlusses in § 11 Nr. 3 AKB nicht, der gerade Haftpflichtansprüche wegen Beschädigung des Fahrzeugs, auf das sich die Versicherung bezieht, vom Versicherungsschutz ausnimmt. Der Haftungsausschluss in § 11 Nr. 2 AKB erstreckt sich also auf das gesamte Vermögen des Versicherungsnehmers, ohne dass es dabei von Bedeutung ist, ob einzelne beschädigte Gegenstände ihrerseits Objekt einer anderen Haftpflichtversicherung sind. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob die beschädigte Sache ein Fahrzeug oder ein anderer Gegenstand (vielleicht ein Garagentor) ist.
Einer solchen Auslegung war insbesondere von Stiefel/Hofmann entgegengehalten worden, der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe die von § 11 Nr. 2 AKB aufgestellte Voraussetzung, dass der vom Versicherungsschutz ausgenommene Schaden von einer mitversicherten Person herbeigeführt sein müsse, dahin, dass sich der Ausschluss nur auf Fahrzeuge beziehe, hinsichtlich derer der Schädiger mitversicherte Person sei. Denn ob jemand mitversichert sei, könne sich immer nur im Rahmen eines Haftpflichtversicherungsvertrages stellen und bleibe auch in seinen Rechtsfolgen auf dieses Versicherungsverhältnis beschränkt. Also doch kein Leistungsausschluss, wenn der Mitversicherte ein anderes Fahrzeug beschädigt?
Der Bundesgerichtshof hat dieser Argumentation den Zweck der hier genommenen Haftpflichtversicherung entgegengehalten. Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer weiß, dass die Haftpflichtversicherung bezweckt, ihn selbst vor Schadensersatzansprüchen Dritter zu schützen. Der Haftpflichtversicherer muss deshalb im Grundsatz nur eintreten, wenn der Versicherungsnehmer anderen Personen Schäden zufügt, aber nicht, wenn er sich selbst schädigt...