StVZO §§ 19, 30 Abs. 1, 69a Abs. 2 Nr. 3, FZV §§ 3 Abs. 1, 48 Nr. 1a, StVG § 24
Leitsatz
1. Die Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen Betriebserlaubnis wegen nachträglicher Veränderungen erloschen ist, stellt keine Inbetriebnahme ohne Zulassung i.S.d. §§ 48 Nr. 1a, 3 Abs. 1 FZV dar. Der Fortfall der Betriebserlaubnis lässt die Zulassung nicht entfallen.
2. Eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit ist nach §§ 69a Abs. 3 Nr. 1, 30 StVZO, 24 StVG möglich, wenn die Veränderung die Verkehrssicherheit beeinträchtigt oder Gefahren oder Belästigungen entstehen lässt.
(Leitsätze des Einsenders)
Thüringer OLG Jena, Beschl. v. 21.1.2009 – 1 Ss 46/08
Sachverhalt
Das AG verurteilte den Betroffenen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit des fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs ohne erforderliche EG-Typengenehmigung, Betriebserlaubnis oder Zulassung im öffentlichen Straßenverkehr zu einer Geldbuße von 50 EUR und stützte dies auf §§ 3 Abs. 1, 48 Abs. 1, Nr. 1a) der Fahrzeugzulassungsverordnung und §§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO.
Durch den Anbau eines Racingschalldämpfers vom Typ Viper ohne Zulassung an das Kraftrad des Betroffenen sei das zulässige Standgeräusch von 93 dB um 6 dB überschritten worden. Damit sei die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erloschen gewesen und der Betroffene habe das Fahrzeug nicht mehr im Verkehr führen dürfen.
Auf den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat der Einzelrichter beim OLG die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verurteilt ihn das OLG unter Abänderung des Urteils des AG wegen fahrlässigen Inbetriebsetzens eines Kraftfahrzeugs, dessen üblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt, zu einer Geldbuße von 25 EUR.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als der Betroffene nur wegen Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeugs, dessen verkehrsüblicher Betrieb andere mehr als unvermeidbar belästigt, nach §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 25 EUR zu verurteilen war.
1. Das Urteil des AG konnte nicht unverändert Bestand haben, weil § 69a Abs. 2 Nr. 3 StVZO (Inbetriebsetzung eines Kraftfahrzeugs … ohne die erforderliche Zulassung oder … ohne die erforderliche Betriebserlaubnis), auf den die Verurteilung gestützt wird, zum Zeitpunkt der Tathandlung und der Entscheidung aufgehoben war.
a) Die Inbetriebnahme ohne Zulassung ist in § 48 Nr. 1a i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 FZV als Ordnungswidrigkeit erfasst. Der Betroffene hat jedoch kein Kraftfahrzeug ohne Zulassung in Betrieb genommen.
Zwar ist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 StVZO die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs wegen Verschlechterung des Geräuschverhaltens erloschen. Das AG ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass mit der Veränderung am Kraftrad neben der Betriebserlaubnis auch die Zulassung erloschen sei. Betriebserlaubnis und Zulassung sind nicht dergestalt miteinander verknüpft, dass beide miteinander stehen und fallen.
Nach § 3 der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) ist die Typengenehmigung oder Betriebserlaubnis Voraussetzung für den Verwaltungsakt der Zulassung des Fahrzeugs. Ein späterer Fortfall der Betriebserlaubnis ist indes keine auflösende Bedingung für den Verwaltungsakt der Zulassung. Dafür geben der Wortlaut der Verordnung und die vom Verordnungsgeber verfasste Begründung nichts her (siehe Begründung zur FZV in VBl 2006, 603, vgl. auch Albrecht/Janker, SVR 2007, 401, 402; Huppertz, DAR 2008, 275). Da der Verwaltungsakt regelmäßig in der Ausgabe der Zulassungspapiere, also Zulassungsbescheinigung Teil I (entspricht dem vormaligen Kfz-Schein) und Teil II (vormals Kfz-Brief), sowie der Stempelung des Kennzeichens besteht, ist auch nicht zu erkennen, dass der konkrete Verwaltungsakt unter eine Bedingung nach § 36 VwVfG gestellt worden wäre.
Der Verwaltungsakt der Zulassung wird auch nicht nachträglich rechtswidrig. Die Zulassung bleibt rechtmäßig und bestandskräftig. Sie kann aber nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn ihre Voraussetzungen – hier die Betriebserlaubnis – durch nachträgliche Änderungen entfallen sind. Es gilt sinngemäß dasselbe wie für den Bestand einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Diese ist Zulassungsvoraussetzung. Ihre Beendigung führt aber ebenfalls nicht zum Fortfall der Zulassung, sondern es ist von der Zulassungsbehörde gesondert einzuschreiten und die Nutzung des Fahrzeugs zu untersagen, das Fahrzeug also stillzulegen. Ebenso muss nun die Vorgehensweise bei Veränderungen sein, die die Typgenehmigung oder Betriebserlaubnis betreffen. Auf diese Parallele wurde schon vom Verordnungsgeber in der Begründung ausdrücklich hingewiesen (Begründung zu § 3 FZV, VBl 2006, 603).
b) Die Inbetriebnahme eines zulassungspflichtigen Fahrzeugs ohne Betriebserlaubnis ist zwar grundsätzlich nicht erlaubt, erfüllt aber als solche keinen Ordnungswidrigkeitent...