BGB § 862 Abs. 1 § 906 Abs. 2 Satz 2 § 1004 Abs. 1
Leitsatz
Greift ein Brand auf ein fremdes Grundstück über, besteht ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Dass das Feuer erst über ein anderes Grundstück auf das Grundstück des Geschädigten übergegriffen hat, ist für den Anspruch ohne Bedeutung.
(Leitsatz des Einsenders)
OLG Koblenz, Urt. v. 28.8.2008 – 5 U 218/08
Sachverhalt
Die Klägerin ist Feuerversicherin der im Ortskern von J. gelegenen, benachbarten Hausgrundstücke Gossbach 4 b, Gossbach 4 a und Hauptstr. 6. Das Grundstück Gossbach 6 grenzt unmittelbar an das Anwesen 4 b an. Die Grundstücke Gossbach 4 a und Hauptstr. 6 grenzen dagegen nur an das Grundstück 4 b an.
In der Nacht vom 22. auf den 23.10.2005 brach in der Scheune des Grundstücks Gossbach 6 ein Brand aus. Ausgehend von einem Defekt der Stromleitung kam es zu einem Brand, der sich über die hölzernen Tragbalken und den Dachaufbau zu einem Vollbrand im Dachbereich entwickelte. Von dort griff der Brand auf das Anwesen Gossbach 4 b über. Dieser breitete sich dann auf die Grundstücke Gossbach 4 a und Hauptstr. 6 aus.
Die Klägerin hat den an diesen Anwesen entstandenen Schaden in Höhe von insgesamt 25.895,55 EUR ausgeglichen. Das ist zwischen den Parteien mittlerweile unstreitig.
Die Haftpflichtversicherung des Beklagten weigert sich gegenüber dem Rückgriffsanspruch der Klägerin, die Schäden auszugleichen, die an den Gebäuden Gossbach 4 a und Hauptstr. 6 entstanden sind und zwar mit der Begründung, die Schäden seien nicht unmittelbar durch die vom Grundstück des Versicherungsnehmers ausgehenden "Immissionen" entstanden, sondern durch den Übergriff des Feuers vom Grundstück Gossbach 4 b auf die Grundstücke Gossbach 4 a und Hauptstr. 6.
Die entsprechende Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2. BGB auf den so gearteten "Nachbarfall" ist, nachdem Höhe und Regulierung unstreitig geworden sind, der einzige – rechtliche – Streitpunkt.
Das LG hat die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, bei Brandemissionen hänge die Ausbreitung des Brandes, mit Ausnahme der Fälle von Funkenflug auf nicht unmittelbar an das brennende Grundstück angrenzende Grundstücke, davon ab, ob sich brennbares Material auf den dazwischen liegenden Grundstücken befinde oder nicht.
Wäre beispielsweise zwischen den Grundstücken ein Teichgrundstück gelegen gewesen, so wäre es, abgesehen vom Fall des Funkenflugs, zu einer Ausbreitung des Brandes auf die Grundstücke Gossbach 4 a und Hauptstr. 6 nicht gekommen.
Ob auf den dazwischen liegenden Grundstücken brennbares Material vorhanden sei oder nicht, hänge nicht vom Willen des Eigentümers des Grundstücks ab, auf dem der Brand ursprünglich ausgebrochen sei. Im Verhältnis des Beklagten zu den Grundstücken Gossbach 4 a und Hauptstr. 6 sei er deshalb Nichtstörer.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Änderung des Urteils des Landgerichts und zum Zuspruch der Klageforderung.
1. Der auf die Klägerin übergegangene Anspruch (§ 67 VVG) rechtfertigt sich aus einer analogen Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB.
a) Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist nach ständiger Rspr. des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen jedoch nicht gem. §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB unterbinden kann, sofern er hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGH NJW 2003, 2377; BGH NJW 2004, 3701).
Hiervon ist auszugehen, wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel – und so auch hier – nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann (BGH NJW 2008, 992).
b) Der Beklagte ist Störer auch im Verhältnis zu den Eigentümern der Grundstücke Gossbach 4 a und Hauptstr. 6. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch kann sich nur gegen einen Störer i.S.d. § 1004 Abs. 1 BGB richten. Handlungsstörer ist, wer die Beeinträchtigung durch seine Handlung oder pflichtwidrige Unterlassung adäquat verursacht hat (BGH NJW 2007, 432). Zustandsstörer ist der Eigentümer, Besitzer oder Verfügungsbefugte einer Sache, von der eine Beeinträchtigung ausgeht, jedoch nicht alleine auf Grund dieser Rechtsstellung, sondern nur, wenn die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf seinen Willen zurückgeht (BGH NJW 2005, 1366 mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr.).
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.6.1999 (NJW 1999, 2896 "bestätigt" durch BGH NJW 2008, 992) begründet der bloße Umstand des Eigentums an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht, nicht die Störereigenschaft. Die Beeinträchtigung muss wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers zurückgehen. Die Frage, ob der Eigentüme...