BGB § 254
Leitsatz
1) Nimmt der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung vor, hält er sich innerhalb der durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu dem von dem Sachverständigen auf dem regionalen Markt ermittelten Restwert vornimmt.
2) Der Geschädigte ist bei einer Ersatzbeschaffung nicht verpflichtet, vor der Veräußerung des Unfallfahrzeuges der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners das Sachverständigengutachten zur Kenntnis zu bringen oder sogar der Haftpflichtversicherung zu ermöglichen, höhere Restwertangebote zu unterbreiten.
(Leitsätze der Schriftleitung)
AG Bad Schwartau, Urt. v. 2.5.2008 – 2 C 845/07
Sachverhalt
Der Kläger hat die beklagte Haftpflichtversicherung aus einem Verkehrsunfall auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Anspruch genommen. Nach dem Unfall, für den die Beklagte in voller Höhe haftet, ließ der Kläger durch einen Gutachter den Restwert seines Fahrzeuges ermitteln. Der Sachverständige stellte Reparaturkosten für das unfallbeschädigte Fahrzeug von ca. 6.800 EUR, einen Wiederbeschaffungswert von 6.000 EUR und den auf dem regionalen Markt erzielbaren Restwert für das totalbeschädigte Fahrzeug von 1.400 EUR fest. Zu diesem Preis veräußerte der Kläger sein Fahrzeug am 22.9.2007. Am 25.9.2007 übermittelte der Bevollmächtigte des Klägers der Beklagten das Restwertgutachten und forderte sie auf, den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges abzüglich des Restwertes zuzüglich einer Kostenpauschale zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab und übermittelte dem Kläger gegenüber dem Verkaufspreis des Fahrzeuges höhere aus verschiedenen Internet-Restwertbörsen ermittelte Restwertangebote. Die Beklagte legte ihrer Abrechnung das höchste von ihr vorgelegte Restwertangebot von 2.590 EUR zu Grunde und rechnete auf dieser Grundlage ab. Mit der Klage hat der Kläger erfolgreich den Differenzbetrag zwischen dem von der Beklagten regulierten Betrag und dem von der Beklagten geleisteten Zahlung verfolgt.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf restlichen Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom 16.9.2007 nach den § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG, § 249 Abs. 2 BGB in der beantragten Höhe.
1. Nicht zu beanstanden – und auch von der Beklagten unangegriffen geblieben – ist die von dem Kläger gewählte fiktive Schadensberechnung.
Im Ausgangspunkt gilt insoweit, dass der Geschädigte im Totalschadensfall, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben will, nur Ersatz des Wiederbeschaffungswertes abzüglich des Restwerts verlangen kann (vgl. etwa BGH NJW 2005, 3134 m.w.N.). Die Parteien haben den Wiederbeschaffungswert mit 6.000 EUR unstreitig gestellt. Da die geschätzten Reparaturkosten von 6.823,27 EUR mithin den Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs übersteigen, war der Kläger berechtigt, im Wege der fiktiven Schadensabrechnung den Wiederbeschaffungsaufwand, also die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert, ersetzt zu verlangen.
2. Fraglich ist nur die Höhe des bei der Schadensberechnung einzusetzenden Restwerts. Auch insoweit vermag das Gericht das Vorgehen des Klägers bei der Schadensabrechnung nicht zu beanstanden. Er muss sich lediglich den vom Sachverständigen ermittelten Restwert anrechnen lassen.
a) Ausgangs- wie Fixpunkt für die Beantwortung dieser entscheidungserheblichen Frage ist das sog. Wirtschaftlichkeitspostulat. Auch bei der Verwertung des beschädigten Fahrzeugs muss der Geschädigte sich grundsätzlich im Rahmen der wirtschaftlichen Vernunft halten. Dies beruht auf dem Gedanken, dass er bei der Ersatzbeschaffung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nur den dafür erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Nimmt der Geschädigte tatsächlich eine Ersatzbeschaffung vor, leistet er im Allgemeinen dem Gebot der Wirtschaftlichkeit Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. etwa BGH NJW 2007, 2918, 2919 m.w.N.).
b) Dies hat der Kläger im vorliegenden Fall unstreitig getan. Er hat den Verkauf auf Grundlage und nach Kenntnis des vom Sachverständigen ermittelten Restwerts vorgenommen, im Rahmen der Bewertung der Anforderungen, die hinsichtlich der Schadensminderungsobliegenheit an den Geschädigten zu stellen sind, ist Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl. BGH NJW 2005, 357, 358). Sofern der Geschädigte durch einen Sachverständigen den Restwert ermitteln lässt, hat er seine beabsichtigte Verwertung hinreichend abgesichert, wenn er das Unfallfahrzeug zum ermittelten Rest...