VVG §§ 82, 28; AWB 87 § 13 Ziff. 1c

1. Bedenken gegen die wirksame Anpassung aller Obliegenheiten an das neue VVG bestehen, wenn ein Nachtrag zum Versicherungsschein Obliegenheiten im und nach dem Versicherungsfall nur beispielhaft aufführt.

2. Hat ein Versicherungsnehmer keine Kenntnis von dem Ausmaß der durch einen Leitungswasserschaden in seinem Ladenlokal kurzfristig ausgelösten Reparaturarbeiten, kann von ihm nicht erwartet werden, die dort lagernde Ware vor reparaturbedingten Schäden zu schützen.

LG Köln, Urt. v. 7.3.2010 – 20 O 222/09

Die Klägerin betreibt in den gemieteten Räumlichkeiten in der B-Straße in Köln ein Geschäft für Damendessous.

Sie hat für dieses Geschäft bei der Beklagten eine gebündelte Geschäftsversicherung unter Einschluss des Risikos Leitungswasser auf der Grundlage der AWB 87 abgeschlossen.

Am Abend des 13.1.2009 bemerkte der Mieter der Räume unter dem Ladenlokal, dass Leitungswasser austrat. Die vom Mieter informierte Hausverwaltung beauftragte die Installationsfirma I, die am 14.1.2009 morgens im Ladenlokal der Klägerin erschien. Deren Mitarbeiter brachen nachfolgend in großem Umfang den Oberboden auf, um an die defekten Heizungsrohre zu gelangen, ohne dass sie Schutzmaßnahmen gegen Staub und Schmutz getroffen hatten. Nach dem Öffnen des Estrichs zeigte sich, dass die Odenwaldplatten infolge des schon länger erfolgten Wasseraustritts durchfeuchtet und zersetzt waren. Infolge der Arbeiten der Installationsfirma wurden die gesamte Geschäftseinrichtung und die Waren mit Staub und Schimmelpilzen kontaminiert.

Die Beklagte meint, gem. § 13 Ziffer 1 c), Ziffer 2 AWB 87, § 28 VVG n.F. leistungsfrei zu sein, weil die Klägerin vorsätzlich gegen ihre Obliegenheit zur Schadenminderung verstoßen habe. Der im Ladenlokal anwesenden Klägerin habe die erkennbare Tatsache, dass die Firma I mit schwerem Gerät den Boden öffnen würde, Anlass sein müssen, vorab die Ware zu schützen oder auszulagern. In diesem Zusammenhang trägt die Beklagte vor, sie habe ihre AVB dem VVG n.F. angepasst und in diesem Zusammenhang an sämtliche Versicherungsnehmer im Oktober 2008 ein Informationsschreiben über die eingetretenen Veränderungen versandt.

Daneben vertritt die Beklagte weiterhin die Auffassung, ein Versicherungsfall sei nicht gegeben. Es fehle an der adäquaten Kausalität: Nicht das ausgetretene Leitungswasser sei ursächlich für die Kontamination der Ware, sondern die Tatsache, dass die Klägerin keine Schutzmaßnahmen ergriffen habe bzw. die Firma I bei der Öffnung des Bodens unsachgemäß vorgegangen sei.

Aus den Gründen:

“ … Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte ist gem. § 1 VVG n.F., §§ 1, 2, 16 AWB 87 zur Regulierung des Schadenfalls verpflichtet.

Dass es am 14.1.2009 im Ladenlokal der Klägerin zum Austritt von Leitungswasser gekommen ist und dass die Ware der Klägerin durch Staub und Schimmelpilze infolge der durchgeführten Sanierungsarbeiten kontaminiert wurde, ist zwischen den Parteien unstreitig. Zu Unrecht verneint die Beklagte die adäquate Kausalität zwischen dem Leitungswasseraustritt und dem eingetretenen Schaden. Die Kammer ist insoweit der Ansicht, dass die Kontamination der Ware im Geschäft der Klägerin auch dann adäquate Folge des Leitungswasseraustritts ist, wenn eine weitere Maßnahme, nämlich die Durchführung der Sanierungsarbeiten, mitursächlich für den aufgetretenen Schaden war. Diese Sanierungsmaßnahmen standen nämlich in unmittelbarem und nicht trennbarem Zusammenhang mit dem Leck in der Leitung. Ohne die Leckage und dem damit einhergehenden Wasseraustritt, der auch die Verrottung und das Verschimmeln der Odenwaldplatten verursacht hat, wären die Sanierungsarbeiten, die in der Regel auch mit Schmutz verbunden sind, nicht erforderlich gewesen und nicht erfolgt. Die Klägerin hatte auch keinen Einfluss auf die durchgeführten Sanierungsarbeiten, die zur Beseitigung des Wasserschadens erforderlich waren, und die sie als Mieterin des Ladenlokals zu dulden hatte. Sie stand insbesondere auch nicht in vertraglichen Beziehungen zum Installationsunternehmen. Von daher unterscheidet sich die vorliegende Konstellation auch vom Sachverhalt, der der von der Beklagten zitierten Entscheidung des OLG Nürnberg (NJW-RR 1994, 1512 … ) zu Grunde lag, wo das Problem nicht in der Frage bestand, ob ein Schaden Folge eines versicherten Ereignisses ist, sondern in der Frage, ob Teil der notwendigen Reparaturkosten auch solche Kosten sind, die dadurch entstehen, dass im Rahmen der Reparatur der beschädigten Sache dieser ein weiterer Schaden zugefügt wird. Soweit dies in den zitierten Entscheidungen verneint wird, macht dies Sinn vor dem Hintergrund, dass bei diesem Sachverhalt der Versicherungsnehmer eigene vertragliche Ansprüche gegen das die Reparatur ausführende Unternehmen hatte, was vorliegend eben nicht der Fall ist. So ist auch in der Literatur (Martin, SVR, 3. Aufl., E I Rn 18) anerkannt, dass auch Schäden an Gegenständen, die z.B. durch herabstürzende Gebäudeteile infolge eines Wasserschadens oder durch einen durc...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?