St VG § 3 Abs. 1; FeV §§ 11 Abs. 6, Abs. 8, 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2, 46 Abs. 1
In der Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zur Klärung von Fahreignungszweifeln ist dem Betroffenen auch die konkrete Fragestellung der Begutachtung mitzuteilen.
Eine Gutachtensanordnung muss aus sich heraus verständlich und bestimmt sein. Lässt sich der Gutachtensanordnung nach einem weiteren Schriftwechsel im Widerspruchsverfahren nicht mehr zweifelsfrei entnehmen, welche Eignungszweifel auf welche Weise geklärt werden sollen, ist die Anordnung keine rechtmäßige Grundlage für den Schluss auf die Nichteignung des Betroffenen nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV.
VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 20.4.2010 – 10 S 319/10
Aus den Gründen:
Der Antragsteller wurde mit Strafbefehlen vom 23.11.2000 und vom 2.3.2005 jeweils wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr (1,49 Promille bzw. 2,2 Promille) verurteilt. Am 25.7.2007 wurde bei einer Wohnungsdurchsuchung festgestellt, dass der Antragsteller im Besitz von 15,7 g Haschisch und 0,2 g Marihuana war und ohne die erforderliche Genehmigung zehn Hanfpflanzen angebaut hatte. Das Strafverfahren wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Mit Schreiben vom 20.6.2008 forderte das Landratsamt K. den Antragsteller auf, ein ärztliches Gutachten zu der Frage beizubringen, ob er nach wie vor und unter Umständen regelmäßig Cannabis oder andere Betäubungsmittel konsumiere und trotz der Hinweise auf langjährigen Cannabiskonsum zu erwarten sei, dass er die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen von Kraftfahrzeugen erfülle. Das Gutachten wurde nicht vorgelegt. Mit Verfügung vom 1.12.2008 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV. Der Antragsteller legte hiergegen Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 24.2.2009 ergänzte das Regierungspräsidium K. die Anordnung des Landratsamts vom 20.6.2008 und führte unter Bezugnahme auf die beiden Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss aus, auf Grund der weit überdurchschnittlichen Alkoholgewöhnung des Antragstellers gebe es Anlass zu der Annahme, dass er neben dem Konsum von Cannabis auch Alkohol zu sich nehme. Dies sei durch ein ärztliches Gutachten festzustellen, für das eine Vorlagefrist bis 20.4.2009 gesetzt werde. Mit einem weiteren Schreiben vom 7.7.2009 führte das Regierungspräsidium aus, entgegen dem Schreiben vom 24.2.2009 sei es erforderlich, dass der Antragsteller seine Kraftfahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten und nicht nur durch eine ärztliches Gutachten nachweise, weil zwei verwertbare Trunkenheitsdelikte i.S.d. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV vorlägen. Nachdem der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist kein Gutachten vorgelegt hatte, wies das Regierungspräsidium den Widerspruch des Antragstellers mit Widerspruchsbescheid vom 23.9.2009 unter Bezugnahme auf § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV, § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV zurück und führte aus, die Gutachtensanordnung des Landratsamts i.V.m. dem nachfolgenden ergänzenden Schriftwechsel des Regierungspräsidiums erfülle die erforderlichen formellen und materiellen Voraussetzungen. Den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Landratsamts in der Gestalt des Widerspruchsbescheids wiederherzustellen bzw. anzuordnen, hat das VG Karlsruhe mit Beschl. v. 25.1.2010 – 4 K 2975/09 abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
Aus den Gründen: “ … II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich, dass abweichend von der Entscheidung des VG das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug der Verfügung des Landratsamts K. vom 1.12.2008 vor einer endgültigen Entscheidung über ihre Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung vorgeht. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers Erfolg haben wird, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung bestehen.
Nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken an der Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen, hat die Fahrerlaubnisbehörde unter den in §§ 11 bis 14 FeV genannten Voraussetzungen durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungszweifel aufzuklären (§ 3 Abs. 1 Satz 3 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Wenn sich der Betroffene weigert, sich untersuchen zu lassen, oder das von der Fahrerlaubnisbehörde geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt, darf die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entschei...