FBUB §§ 3 Nr. 1, 6 Nr. 1, 2
In der Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung ist eine Belastung des Versicherungsnehmers mit Gehalts- und Lohnverbindlichkeiten auch dann als Unterbrechungsschaden i.S.d. §§ 3 Nr. 1, 6 Nr. 1 und 2 FBUB anzusehen, wenn die Arbeitnehmer Insolvenzgeld von der Bundesagentur für Arbeit erhalten und auf diese die Nettolohnansprüche gem. § 187 S. 1 SGB III übergehen.
BGH, Urt. v. 21.4.2010 – IV ZR 308/07
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter von der Beklagten Leistungen aus einer Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung, die die Insolvenzschuldnerin unterhielt.
Die AVB enthielten u.a. folgende Regelung:
“§ 6 Umfang der Entschädigung
1. Zu ersetzen sind der Betriebsgewinn und die Kosten, die der Versicherungsnehmer infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum nicht erwirtschaften konnte.
2. Kosten werden nur ersetzt, soweit ihr Weiteraufwand rechtlich notwendig oder wirtschaftlich begründet ist und soweit sie ohne die Unterbrechung erwirtschaftet worden wären.
5. Die Versicherung darf nicht zu einer Bereicherung führen. … ”
Am 6.7.2001 kam es in dem Stahlwerk der Insolvenzschuldnerin zu einem erheblichen Brandschaden mit der Folge eines Produktionsstillstandes. Die Beklagte erbrachte für die Lohnfortzahlungen bis einschließlich April 2002 Versicherungsleistungen von insgesamt 9,63 Mio. EUR. Am 2.7.2002 beantragte die Insolvenzschuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Da sie mit der Auszahlung der Gehälter und Löhne für die Monate Mai und Juni 2002 im Rückstand war, vereinbarte der vorläufige Insolvenzverwalter mit der Bundesanstalt (jetzt Bundesagentur) für Arbeit, dem Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin, deren Arbeitnehmern und der örtlichen Sparkasse die Vorfinanzierung der Arbeitsentgelte der Arbeitnehmer für diese Monate.
Aus den Gründen:
[10] “II. … Das BG hat dem Kläger zu Recht den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der restlichen Lohn- und Gehaltskosten, deren Höhe unstreitig ist, zuerkannt. Unerheblich ist, dass die Löhne für die Monate Mai und Juni 2002 nicht von der Insolvenzschuldnerin, sondern – im Rahmen der vereinbarten Vorfinanzierung – letztlich von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlt wurden.
[11] 1. Die Auslegung der maßgeblichen Versicherungsbedingungen ergibt, dass auch eine fortbestehende Belastung des Versicherungsnehmers mit Gehalts- und Lohnverbindlichkeiten als Unterbrechungsschaden i.S.d. §§ 3 Nr. 1, 6 Nr. 1 und 2 FBUB i.V.m. Nr. 2.1.3 BVB anzusehen ist.
[12] a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 153, 182, 185 f.; 123, 83, 85; jeweils m.w.N.). Bei einer Betriebsunterbrechungsversicherung richtet sich die Auslegung nach dem in Unternehmerkreisen zu erwartenden Verständnis (vgl. OLG Hamm VersR 2004, 1264, 1265).
[13] b) Ein solcher, weder juristisch noch versicherungsrechtlich vorgebildeter Versicherungsnehmer, der eine Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung unterhält, geht zunächst vom Wortlaut der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen aus. Aus § 3 Nr. 1 der hier maßgeblichen FBUB ergibt sich für ihn, dass der nach § 1 FBUB zu ersetzende Unterbrechungsschaden auch den ‘Aufwand an fortlaufenden Kosten in dem versicherten Betriebe’ umfasst. Den Begriff der Kosten, der in den FBUB nicht definiert ist, wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben verstehen und darunter ohne weiteres Gehälter und Löhne fassen. Als entscheidend für die Ersatzfähigkeit entnimmt er aus § 6 Nr. 1 FBUB, dass die Kosten infolge der Betriebsunterbrechung im Bewertungszeitraum zwar nicht erwirtschaftet werden konnten, aber weiterhin (‘fortlaufend’) anfallen. Ausgehend davon wird er nicht annehmen, dass die Kosten bereits von ihm geleistet sein müssen. Etwas anderes erschließt sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht aus § 6 Nr. 2 FBUB. Der darin verwendete Begriff ‘Weiteraufwand’ weist erneut nur darauf hin, dass die Kosten – wie etwa Lohn- und Gehaltszahlungen – weiterhin mit der Fortführung des Betriebes angefallen sein müssen. Jedenfalls folgt daraus nicht mit der gebotenen Klarheit, dass der Versicherungsnehmer selbst die Kosten bereits aufgewandt und somit vorfinanziert haben muss. Dies kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch nicht aus Nr. 2.1.3 BVB ableiten. Der Zusammenhang mit § 6 Nr. 2 FBUB macht vielmehr deutlich, dass sich der Regelungsgehalt der Klausel darauf beschränkt, die Weiterzahlung von Gehältern und Löhnen unter der dort geregelten Voraussetzung als von vornherein wirtschaftlich begründet anzusehen. Die ‘Weiterzahlung von Gehältern und Löhnen’ wird der Versicherungsnehmer so verstehe...