1. Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwaltes
Die Klägerin fordert Versicherungsleistungen aus einer RS-Versicherung (ARB 94) für insgesamt vier selbständige Beweisverfahren. Diese wurden von ihrem Ehemann, dem Rechtsanwalt des Klägers zu 2) eingeleitet.
Die Klägerin und ihr Ehemann hatten Streit mit den Vermietern des von ihnen bewohnten Hauses. Wegen behaupteter Mängel dieser Mietsache leitete der Ehemann der Klägerin unter anderem in den Jahren 2004 bis 2005 jeweils als alleiniger Antragsteller insgesamt vier selbständige Beweisverfahren ein. In allen Verfahren vertrat sich der Ehemann der Klägerin selbst.
Die Beklagte lehnte eine Erstattung der durch diese Selbstvertretung entstandenen Rechtsanwaltskosten ab. Ferner beanstandete sie, dass durch die jeweils gesonderten Anträge auf Beweissicherung unnötig hohe Kosten entstanden seien und der Ehemann der Klägerin es entgegen § 17 Abs. 5c aa ARB 94 versäumt habe, vor Antragstellung jeweils die Zustimmung des Versicherers einzuholen.
Der BGH hat im Revisionsverfahren entschieden:
Das in § 5 Abs. 1a S. 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers erfasst auch die Rechtsanwaltsvergütung, die durch die Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit entsteht.
Das Berufungsgericht meint, Kosten für die anwaltliche Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin in eigener Sache müsse die Beklagte ungeachtet des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht erstatten. Das allein maßgebliche in § 5 Abs. 1a S. 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen erfasse den Sonderfall der Selbstvertretung eines Rechtsanwalts nicht. Die nachfolgende Klausel des § 5 Abs. 2a ARB 94, wonach die Kostenübernahme vom Versicherer erst gegen Nachweis einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung oder ihrer Erfüllung verlangt werden könne, führe dem VN hinreichend vor Augen, dass nur tatsächlich bestehende Zahlungsverpflichtungen, die bei einer Selbstvertretung nicht entstünden, die Leistungspflicht des Versicherers auslösten.
Die Beklagte ist nach Ansicht des BGH verpflichtet, der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger aus den vier selbständigen Beweisverfahren die anwaltliche Gebühren und Auslagen zu erstatten, die durch die anwaltliche Selbstvertretung des Ehemannes entstanden sind.
Für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren wird eine solche Verpflichtung des Rechtsschutzversicherers einhellig verneint. Die Strafprozessordnung sieht eine Selbstverteidigung des Rechtsanwalts in der Rolle des Beschuldigten, Angeklagten oder Betroffenen nicht vor. Eine andere Regelung ist – wie das Bundesverfassungsgericht inzwischen wiederholt ausgesprochen hat – auch nicht Verfassungswegen geboten, weil sich die Rolle des Beschuldigten oder Betroffenen mit der dem Verteidiger zugeschriebenen Stellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege nicht vereinbaren lässt. Demgemäß schuldet nach ganz herrschender Meinung der Rechtsschutzversicherer keine Erstattung von Verteidigergebühren aus einer Selbstverteidigung des Versicherten. Denn der Rechtsschutzversicherer muss einen Honoraranspruch, der gebührenrechtlich gar nicht entstehen kann, auch nicht erstatten.
Demgegenüber ist im Zivilverfahren die Selbstvertretung eines Rechtsanwalts auch für den Anwaltsprozess in § 78 Abs. 4 ZPO ausdrücklich zugelassen. Als kostenrechtliche Konsequenz daraus bestimmt § 91 Abs. 2 S. 3 (früher S. 4) ZPO, dass dem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts verlangen könnte. Daher steht einer Erstattungspflicht des Rechtsschutzversicherers hier nicht entgegen, dass ein Honoraranspruch für Selbstvertretung prozesskostenrechtlich nicht entstehen kann.
Teilweise wird daher in der Literatur die Auffassung vertreten, der Rechtsschutzversicherer müsse dem Rechtsanwalt als VN auch die Vergütung für eine Selbstvertretung erstatten.
Die Auslegung der vorgenannten Bedingungen der ARB ergibt, dass der Rechtsschutzversicherer auch Gebühren und Auslagen für eine anwaltliche Selbstvertretung erstatten muss.
Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nicht wie Gesetze, sondern so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Dabei kommt es i.d.R. auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an. Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass sich die in Rede stehende Auslegungsfrage ausschließlich versicherten Rechtsanwälten stellt, die sich im Zivilverfahren selbst vertreten wollen. Deshalb ist hier auf die Verständnismöglichkeiten eines solchen Rechtsanwalts abzustellen.
Die Zusage in § 5 Abs. 1a ARB 94 ("der Versicherer trägt … die Vergütung eines für den VN tätigen Rechtsanwalts") schließt vom Wortlaut her nicht aus, dass damit auch die Selbstvertretung gemeint sein kann. Vor dem Hintergrund, dass § 78 Abs. 4 ZPO die Selbstvertretung ausdrücklich als einen r...