BGB § 249
Leitsatz
Eine Nutzungsausfallentschädigung auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen ist gerechtfertigt, wenn deren Voraussetzungen, nämlich Nutzungswille, die Nutzungsmöglichkeit sowie eine fühlbare Beeinträchtigung des Nutzungsausfalls vorliegen, insb. wenn sich die Beeinträchtigung daraus ergibt, dass zwischenzeitlich ein Ersatzfahrzeug beschafft wurde.
AG Rendsburg, Urt. v. 19.8.2010 – 18 C 187/10 (nicht rechtskräftig)
Sachverhalt
Bei einem Verkehrsunfall wurde ein gewerblich genutztes Fahrzeug beschädigt. Der Kl. machte für den Zeitraum der Reparatur Nutzungsausfallentschädigung geltend.
Dem folgte das AG.
2 Aus den Gründen:
„Hierzu kommt eine Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 456 EUR für 12 Tage. Diese kann auch der Kl. begehren, obgleich er das Fahrzeug gewerblich nutzt. Es ist insoweit streitig, ob bei gewerblich genutzten Fahrzeugen eine solche (abstrakte) Nutzungsausfallentschädigung in Betracht kommt oder der Gewerbetreibende die Vorhaltekosten oder den entgangenen Gewinn konkret zu ermitteln hat. Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 4.12.2007 (BGH NJW 2008, 913–915) jedoch ausgeführt, er neige der Auffassung zu, eine Nutzungsausfallentschädigung sei auch bei gewerblich genutzten Fahrzeugen bei Vorliegen der Voraussetzungen nicht ausgeschlossen. Dies setzte voraus, dass die Gebrauchsentbehrung sich nicht unmittelbar in einer Minderung des Ertrags niederschlage. Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an (so auch OLG Düsseldorf NJW-RR 2010, 452 ff.; OLG Düsseldorf zfs 2001, 545–546), sodass eine Nutzungsausfallentschädigung hier gerechtfertigt ist, weil der Kl. die notwendigen Voraussetzungen, nämlich einen Nutzungswillen, die Nutzungsmöglichkeit und eine fühlbare Beeinträchtigung durch den Nutzungsausfall vorgetragen hat und sich dies auch daraus ergibt, dass er tatsächlich ein Ersatzfahrzeug beschafft hat. Die Höhe der Nutzungsausfallentschädigung kann anhand der entspr. Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch auf die begehrten 38 EUR täglich geschätzt werden. Insgesamt ergibt sich daher ein weiterer ersatzfähiger Schaden von 253,17 EUR (30 % von 843,89 EUR).
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Andreas Fegbeitel, Hohenweststedt
3 Anmerkung:
Die Auffassung, dass bei unfallbedingtem Ausfall gewerblich genutzter Kfz eine abstrakte Entschädigung wegen Nutzungsausfalls nicht zu ersetzen ist, geht auf die Entscheidung des Großen Senats des BGH v. 9.7.1986 zurück (BGH NJW 1987, 50), der den eigenwirtschaftlichen Einsatz privater Kraftfahrzeuge dem erwerbswirtschaftlich produktiven Einsatz gewerblicher Fahrzeuge mit der denkbaren Folge einer Gewinnschmälerung des Gewerbebetriebes einander gegenüber stellte. Daraus wurde die Folgerung gezogen, dass bei gewerblich eingesetzten Fahrzeugen allein auf eine konkrete Einkunftsschmälerung abzustellen sei, eine abstrakte Bestimmung des Einkunftsausfalls nicht möglich sei. Die Auffassung, dass bei gewerblich eingesetzten Fahrzeugen allein ein Schaden nach dem durch den Nutzungsausfall entgangenen Gewinn, den Vorhaltekosten eines Reservefahrzeugs oder den Mietkosten für ein Ersatzfahrzeug zu bemessen sei (vgl. die Nachweise zu dieser Auffassung in BGH zfs 2008, 267) verkannte allerdings, dass nicht jedes in einem Gewerbebetrieb eingesetzte Kfz bei der unfallbedingten Gebrauchsentbehrung zwangsläufig eine Minderung des Erlöses des Gewerbebetriebs mit sich brachte. Eine konkrete Erlösschmälerung etwa bei Ausfall eines Direktionswagens kann nicht festgestellt werden. Dieser Auffassung neigt der BGH zu (vgl. BGH zfs 2008, 267), der eine Nutzungsausfallentschädigung bei Ausfall solcher gewerblich genutzter Fahrzeuge annimmt, deren Ausfall sich mangels unmittelbarer Gewinnerzielung durch Gebrauch nicht in einem Verdienstentgang niederschlägt (vgl. OLG Hamm NZV 1994, 227, 228; OLG Düsseldorf OLGR 2001, 453; OLG Stuttgart NZV 2005, 309; OLG Stuttgart NZV 2007, 414 f.; KG NZV 2007, 244; OLG Naumburg NZV 2008, 464; Diehl, zfs 2001, 546; Reitenspiess, DAR 1993, 142, 143).
Liegen bei einer solchen Konstellation der Gebrauchsentbehrung eines nicht der unmittelbaren Gewinnerzielung dienenden in einem Gewerbebetrieb eingesetzten Kfz die sonstigen Voraussetzungen des Nutzungsausfalls (Nutzungswille, Nutzungsmöglichkeit) vor, kann damit der Nutzungsausfallschaden abstrakt berechnet werden (vgl. auch Fleischmann/Hillmann/Schneider, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 2, Verkehrszivilrecht, 5. Aufl., § 8 Rn 284–291).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg