[8] „… II. 1. Im Ansatz zutreffend ist das BG von der Auge-und-Ohr-Rechtsprechung des Senats ausgegangen. Danach steht der empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent bei Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller bildlich gesprochen als das Auge und Ohr des Versicherers gegenüber. Was ihm mit Bezug auf die Antragstellung gesagt und vorgelegt wird, ist dem Versicherer gesagt und vorgelegt worden. Hat der Agent etwas, was ihm der Antragsteller auf Fragen wahrheitsgemäß geantwortet hat, nicht in das Formular aufgenommen, so hat der Antragsteller seine Anzeigeobliegenheit gleichwohl gegenüber dem Versicherer erfüllt (st. Rspr., zuletzt Senat VersR 2011, 337 Rn 25 m.w.N.). Daher kann der Versicherer allein mit dem Inhalt des von seinem Agenten ausgefüllten Antragsformulars nicht den Beweis führen, dass der VN hinsichtlich seiner Vorerkrankungen falsche Angaben gemacht habe, soweit dieser seinerseits substantiiert behauptet, den Agenten mündlich zutreffend unterrichtet und damit seine vorvertragliche Anzeigeobliegenheit erfüllt zu haben. Dem Versicherer obliegt es in einem solchen Fall darzulegen und gegebenenfalls – im Regelfall durch die Zeugenaussage seines Agenten – zu beweisen, dass der VN diesen auch mündlich unzutreffend unterrichtet hat (Senat a.a.O.; VersR 2008, 765 Rn 7; VersR 2008, 668 Rn 14; jeweils m.w.N.).
[9] 2. Das BG hat die Anforderungen an die Substantiierungspflicht der Kl. verkannt.
[10] a) Sie hat behauptet, sie habe den Agenten der Bekl. über die ihr bekannten Vorerkrankungen und Behandlungen umfassend informiert. In der Klageschrift hat sie vorgetragen, sie habe dem Agenten insb. ausführlich über eine kieferorthopädische Behandlung mit drei chirurgischen Eingriffen zwischen April 1999 und Januar 2000 sowie zwei Kieferhöhlenoperationen im Januar und Oktober 2001 berichtet. Sie habe ihm mitgeteilt, Ursache dieser Beschwerden sei eine fehlerhafte Implantatversorgung ohne den erforderlichen Knochenaufbau gewesen, infolgedessen hätten die Implantate direkt in die Kieferhöhle geragt, sodass sie an Fokaltoxikose, Sinusitis und Abwehrschwäche erkrankt sei. Schließlich habe sie sich einer aufwändigen operativen Behandlung in Z unterzogen, seitdem sei sie beschwerdefrei. Auch darüber habe sie den Agenten unterrichtet. In der Replik hat die Kl. ergänzend ausgeführt, die beiden letzten operativen Eingriffe hätten in einem Krankenhaus in Z in den Jahren 2002 und 2003 stattgefunden. Sie habe auch im Rahmen der ihr als medizinischer Laie gegebenen Möglichkeiten den Agenten darüber aufgeklärt, dass es wegen der fehlerhaften kieferchirurgischen Behandlung zu einer bakteriellen Vergiftung (odontogenen Fokaltoxikose) und Kieferhöhlenvereiterungen gekommen sei. Die langjährige Folgewirkung dieser Vergiftung sei ein “schlechter Allgemeinzustand’ gewesen, der über Jahre hinweg in den diversen Behandlungsrechnungen Niederschlag gefunden habe. Insoweit hat die Kl. auf die vorgelegten Arztberichte und Atteste aus den Jahren 2001 bis 2006 verwiesen.
[11] b) Dass sie den Versicherungsagenten im Einzelnen von den weiteren in der Rücktrittserklärung der Bekl. aufgeführten Erkrankungen – wie Erschöpfungszustand und Immundefizit, Hepatopathie, Cystitis, Dysthyreose, Nephropathie, Mikrohämaturie, Herpesinfektionen, Dysbiose des Darms und Alopezia/Haarausfall – in Kenntnis gesetzt habe, hat die Kl. nicht behauptet. Ebenso wenig hat sie vorgetragen, dem Agenten die außer ihrem Hausarzt konsultierten Ärzte genannt zu haben.
[12] Allerdings kann von dem VN nicht verlangt werden, den Versicherungsagenten über sämtliche im Verlauf einer längeren und umfassenden Behandlung gestellten Diagnosen und jeden einzelnen Behandlungsschritt zu informieren. Das Erfordernis einer substantiierten Behauptung, den Agenten zutreffend mündlich unterrichtet zu haben, bedeutet nicht, dass der VN darlegen muss, dem Agenten eine medizinisch exakte Schilderung von Krankheitsbild, Diagnose und Behandlung gegeben zu haben. Vielmehr ist der prozessuale Vortrag auch dann hinreichend substantiiert, wenn der VN nicht nur pauschal behauptet, den Versicherungsagenten richtig informiert zu haben, sondern wenn er laienhaft schildert, welche Beschwerden und Krankheitsbilder er dem Agenten genannt habe.
[13] Gemessen daran ist das Vorbringen der Kl. hinreichend substantiiert. Sie hat vorgetragen, sie habe den Agenten der Bekl. auf die fehlerhafte kieferorthopädische Behandlung, die infolgedessen eingetretene bakterielle Vergiftung und ihren dadurch bedingten schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustand hingewiesen. Dass die weiteren Behandlungen letztlich auf die Belastung durch die langwierige Zahnbehandlung zurückzuführen waren, haben alle Ärzte bestätigt, die von der Bekl. vor ihrer Rücktrittserklärung um ärztliche Atteste ersucht wurden. Im Übrigen hat die Kl. behauptet, ihrem Hausarzt seien die fehlerhafte Implantatversorgung, die daraus resultierenden Kieferhöhlenentzündungen und sonstigen Beschwerden sowie die Ki...