Das Gericht sieht bei einem Verzicht auf den entscheidenden Belastungszeugen von einer bestmöglichen Sachaufklärung ab. Dem Betroffenen wird es dadurch verunmöglicht Fragen zu Einzelheiten der Messvorbereitung und -aufstellung, der Fahrtrichtung des Betroffenen sowie zu typischen Fehlerquellen der Messdurchführung zu stellen. Das Procedere der Gerichte verstößt daher gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Zwar gehen derzeit einige Oberlandesgerichte davon aus, dass die Amtsgerichte nicht rechtsfehlerhaft vorgingen. Es darf aber bezweifelt werden, ob diese Auffassung der Überprüfung durch die Landesverfassungsgerichte standhält. Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat nämlich im viel beachteten Urt. v. 5.7.2019 entschieden, dass der Betroffene die Möglichkeit haben muss, Messfehler aufzuzeigen. Dem Betroffenen sei daher zu gestatten, die Validität der standardisierten Messung zu prüfen. Es darf einem Betroffenen nicht von vornherein abgeschnitten werden, solche Einwände erst zu ermitteln. Die Überprüfungsmöglichkeit und Nachvollziehbarkeit technischer Prozesse gehört zu den Grundvoraussetzungen eines freiheitlich-rechtsstaatlichen Verfahrens. Zwar bezog sich die Entscheidung in erster Linie auf bei der Geschwindigkeitsmessung durch ein standardisiertes Messverfahren fehlende Rohmessdaten. Auch ohne einen Zeugen, der die Messung durchgeführt hat, wäre aber nach diesen Maßstäben kein effektiver Rechtsschutz im Bußgeldverfahren gegeben. Dass der Antrag auf Vernehmung eines Messbeamten von einigen Oberlandesgerichten als unzulässiger Ausforschungsbeweis zur Ermittlung möglicher Fehlerquellen der Messung angesehen wird, ist eklatant fehlerhaft. Durch die Befragung des die Messung durchführenden Polizeibeamten sollen gar keine Tatsachen in Erfahrung gebracht werden, die genaueres Vorbringen oder die Benennung weiterer Beweismittel erst ermöglichen. Es geht nämlich darum, wie der Zeuge, der einzig vorhandene Personenbeweis, im Rahmen der Durchführung der Messung gehandelt hat. Im Übrigen kann von einem standardisierten Messverfahren nur dann gesprochen werden, wenn das Gerät von seinem Bedienungspersonal auch wirklich standardmäßig, d.h. in geeichtem Zustand, seiner Bauartzulassung entsprechend und gemäß der vom Hersteller mitgegebenen Bedienungs-/Gebrauchsanweisung verwendet wird, und zwar sowohl beim eigentlichen Messvorgang als auch bei den ihm vorausgehenden Gerätetests. Nur durch letztere kann mit der für eine spätere Verurteilung ausreichenden Sicherheit festgestellt werden, ob das Gerät in seiner konkreten Aufstellsituation tatsächlich mit der vom Richter bei standardisierten Messverfahren vorausgesetzten Präzision arbeitet und so eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zur Verfügung stellt. Diese Details sind oftmals im Messprotokoll nicht enthalten.
Die Nichtberücksichtigung erheblicher Beweisanträge stellt überdies im Gegensatz zur OLG-Rechtsprechung auch einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dar, so dass nach richtiger Auffassung auch eine Zulassungsrechtsbeschwerde erfolgreich sein muss. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht verkennt, dass die Ablehnung eines Beweises für eine erhebliche Tatsache nur zulässig ist, wenn diese so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sie ins Blaue hinein aufgestellt worden ist.
Zwar soll durch die Vorschrift des § 256 StPO die Hauptverhandlung entlastet und beschleunigt werden, zu prüfen ist jedoch, ob die Aufklärungspflicht des Gerichts damit ebenso eingeschränkt wird, was von Verfassungs wegen auch problematisch wäre. Nach wie vor "darf das Gericht sich bei der Auswahl unter mehreren Beweismitteln regelmäßig nicht damit begnügen, den mit der Gefahr größerer Unzuverlässigkeit behafteten, sachferneren Beweis zu erheben, sofern qualitativ bessere Beweismittel zur Verfügung stehen. Vielmehr hat das Gericht bei der Erforschung einer Straftat und bei der Ermittlung der für Schuld und Strafe maßgebenden Tatsachen in die erkenntnismäßig bestmögliche Sachnähe zu den Tatsachen zu treten, die für Unrechtstatbestand, Schuld und Sanktionen beweisrelevant sind". § 244 Abs. 2 StPO verpflichtet den Tatrichter demnach in aller Regel, sich des sachnächsten Beweismittels zu bedienen und dieses Beweismittel in der nach den Gegebenheiten bestmöglichen Form zu verwenden. Diese Ausführungen sollten für das Straf- und Bußgeldrecht gelten. Es verbleiben vernünftige Zweifel an der Verfehlung, da nur bei einer Verlesung noch kein Zeuge einen ordnungsgemäßen Aufbau und die richtige Bedienung des Messgeräts bestätigt hat.
Wenn man tatsächlich davon ausginge, die OLG-Rechtsprechung zur Verlesbarkeit von Urkunden sei korrekt, so müsste weiter gefragt werden, ob dies die Vorstellung der Justiz von einer Hauptverhandlung ist. In Wahrheit kann man eine derartige Veranstaltung nur als "Scheinverhandlung" bezeichnen, womit...