BGB § 307; AVB RSV § 13
Leitsatz
1.
Wird eine Klage fälschlich gegen ein selbstständiges Versicherungsunternehmen erhoben, das unter gleichartigem Namen, gleicher Anschrift und gleichem Internetauftritt wie der Vertragspartner des Versicherungsnehmers auftritt, so ist die Klage dennoch wirksam erhoben und nur das Rubrum zu berichtigen.
2.
Die Klausel einer Restschuldversicherung, nach der keine Deckung bei Tod durch eine bei Vertragsschluss vorliegende, ärztlich diagnostizierte und der versicherten Person bekannte Vorerkrankung besteht, ist wirksam.
3.
Der Totenschein ist eine öffentliche Urkunde, die vollen Beweis über die darin beurkundete Todesursache erbringt.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Potsdam, Urt. v. 12.3.2020 – 2 O 358/18
Sachverhalt
Die Kl. begehrt mit einer gegen die X Allgemeine Versicherung erhobenen Klage Leistung aus einer Restschuldversicherung. Die Kl. ist Alleinerbin nach dem am 23.1.1948 geborenen und am 16.10.2017 verstorbenen "Versicherungsnehmer". Dieser hatte im Rahmen der Anschaffung eines Personenkraftwagens am 14.11.2016 bei der X Lebensversicherung eine Restschuldversicherung zur Absicherung des Kaufpreises des Fahrzeuges abgeschlossen.
Die Versicherungsbedingungen enthalten unter § 13 unter anderem folgende Regelung:
"Es besteht kein Anspruch, wenn der Tod durch eine der folgenden Erkrankungen verursacht ist:"
Dialysepflichtige Niereninsuffizienz.
Die Einschränkung gilt nur, wenn die vorgenannte Erkrankung bei Unterzeichnung der Anmeldeerklärung bereits vorlag, ärztlich diagnostiziert und der versicherten Person bekannt war. Ein Leistungsanspruch besteht jedoch, wenn die Erkrankung nach Unterzeichnung der Anmeldeerklärung vollständig ausheilte und für mehr als drei Monate nicht mehr auftrat.“
Der VN war bei Abschluss des Versicherungsvertrages aufgrund einer Niereninsuffizienz dialysepflichtig. Der für den VN ausgestellte Totenschein vom 16.10.2017 weist als unmittelbare Todesursache "kardiale Arrhythmie" als Folge von "Hyperkaliämie" als Folge von (Grundleiden) "terminaler Niereninsuffizienz dialysepflichtig" aus.
2 Aus den Gründen:
"… Die Klage ist wirksam gegen die X Lebensversicherung erhoben. Das Rubrum war zu ändern. Eine Parteibezeichnung ist als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist (…). Insoweit ist die Parteibezeichnung anhand des Klagevorbringens einschließlich der angegebenen Beweismittel auszulegen. Nach Feststellung der Partei, die unzweifelhaft verklagt werden sollte, ist das Rubrum entsprechend von Amts wegen zu berichtigen (…). Wenn die Versicherungsunternehmen – aus welchen Gründen auch immer – derart agieren, dass sie für verschiedene Versicherungszweige jeweils selbstständige juristische Personen, aber unter gleichartigem Namen und gleicher Adresse unterhalten, so gehen Verwechslungen, die aufgrund dieser nur schwer durchschaubaren Verflechtung entstehen, zu Lasten des Versicherungsunternehmens (…). Vorliegend traten die in der Klageschrift bezeichnete und die tatsächlich gemeinte Versicherung nach außen gemeinsam auf, teilten sich einen Internetauftritt, verfügten über die gleiche postalische, fernschriftliche und fernmündliche Erreichbarkeit und damit offensichtlich eine einheitliche Infrastruktur. Welche der beiden Versicherungen verklagt sein sollte, erschloss sich der Bekl. im Übrigen zweifelsfrei aus der Mitteilung des Lebenssachverhaltes, der Benennung des VN und den übersandten Anlagen. Dass die Bekl. auch tatsächlich nicht im Zweifel darüber war, wer verklagt sein sollte, ergibt sich auch aus der Klageerwiderung. Die Bekl. vermochte in der Klageerwiderung zum Versicherungsverhältnis vorzutragen. Sie war daher offensichtlich nicht im Zweifel darüber, um welches Versicherungsverhältnis und damit auch um welche Versicherungsgesellschaft es sich handele."
In der Sache steht der Kl. jedoch kein Anspruch zu. Die streitgegenständliche Ausschlussklausel ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen § 305 ff. BGB. Insb. ist sie nicht intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Die vorliegende Klausel unterscheidet sich von den von der Rspr. behandelten und verworfenen Klauseln in wesentlichen Punkten. Sie stellt zum einen klar, dass der Versicherungsschutz nur bei Erkrankungen eingeschränkt ist, die dem VN bzw. der versicherten Person bei Vertragsschluss bekannt sind. Zum anderen wird der Versicherungsschutz nur bei ernstlichen Erkrankungen beschränkt, die abschließend aufgezählt werden (vgl. OLG Dresden, VersR 2006, 61). Durch die Beschränkung des Risikoausschlusses auf bekannte und ernsthafte Erkrankungen wird deutlich, dass die Ausschlussklausel nur eingreift, wenn es sich um eine Gesundheitsstörung handelt, deretwegen der VR den Vertrag im Falle der Risikoprüfung vor Vertragsschluss nicht ...