Noch immer hat Corona die Welt und somit auch die Verkehrsrechtsfamilie fest im Griff. Noch immer bestimmen Onlinemeetings, Homeoffice und Hygieneregeln den Arbeitsalltag. Vielerorts hat sich die Onlineverhandlung nach § 128a ZPO etabliert, sicherlich auch eine Möglichkeit, die man nach der Corona-Pandemie beibehalten sollte. Gerade für frühe erste Termine oder Verhandlungen, in denen es nur um reine Rechtsfragen geht, sind Verhandlungen im Wege der Bild- und Tonübertragung sinnvoll. Solche Termine sind nicht nur kosten- und zeitsparend, sondern auch umweltfreundlich. Dass die Vorschrift des § 128a ZPO in den Fokus gerückt ist, ist sicherlich ein positiver Effekt der Pandemie.
Die Erforderlichkeit der Corona-Maßnahmen und der Umgang mit Hygienemaßnahmen sorgen auch in unserer täglichen Praxis für Diskussionen. Besondere Stilblüten treibt der Umgang mit dem Tragen – oder gerade Nichttragen – von medizinischen Masken in Gerichtsverhandlungen. In den Fokus rückt hier die Vorschrift des § 176 Abs. 2 GVG, das Vermummungsverbot. Hiernach dürfen an der Verhandlung beteiligte Personen ihr Gesicht während der Sitzung weder ganz noch teilweise verhüllen. Die Vorschrift gestattet dem Richter jedoch, Ausnahmen von dem Verhüllungsverbot zuzulassen, wenn dessen Schutzzweck nicht berührt wird. Die Vorschrift, welche vor der Corona-Pandemie Einzug ins GVG gefunden hat, soll insbesondere dafür Sorge tragen, dass die Identitätsfeststellung und Beweiswürdigung nicht beeinträchtigt werden. Unter Berufung auf eben diese Vorschrift gibt es einen Richter, der sich unter Berufung auf § 176 Abs. 2 GVG weigert, mit Personen zu verhandeln, die eine medizinische Maske tragen. Er verlangt im Rahmen einer sitzungspolizeilichen Anordnung, dass alle Personen, auch die Rechtsanwälte, die medizinischen Masken abnehmen. Die Einwände, dass dies aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist und es insbesondere bei einem Rechtsanwalt nicht auf die Mimik und Identifizierung ankommen dürfte, was ja letztendlich der Hintergrund der o.g. Vorschrift ist, ließ der betreffende Richter nicht gelten, schließlich sei eine Ansteckung im Gerichtssaal nicht nachgewiesen. Ein nicht wirklich überzeugendes Argument, wenn man bedenkt, dass das Gericht in der Region liegt, für die das Robert-Koch-Institut Anfang des Jahres extra eine neue (rosa) Farbe eingeführt hat, da die Inzidenzzahlen bei über 500 lagen. Da der Richter keine Ausnahme bei einem Rechtsanwalt – der dem Richter im Übrigen seit fast 20 Jahren bekannt ist und ja auch bekanntlich an der Beweiswürdigung nicht beteiligt ist – zulassen wollte, wurde die Verhandlung aufgehoben. Besonders grotesk ist es, dass am gleichen Tag im Saal nebenan ein anderer Richter verhandelt hat und ausdrücklich verlangt hat, dass alle im Saal anwesenden Personen – auch die Zeugen – die Masken aufbehalten müssen.
Der Verkehrsanwaltstag konnte leider auch in diesem Jahr wieder nicht in Präsenz in Hamburg stattfinden. Die Veranstaltung fand als Onlineveranstaltung statt. Ein großer Dank für die perfekte Organisation – inklusive "Care-Paket" gilt dem neuen Kooperationspartner der ARGE Verkehrsrecht, der VF-Seminar GmbH, in Person von Geschäftsführer Marco Böhme. Der Wanderzirkus der ARGE Verkehrsrecht lief – teilweise in gekürzter und modifizierter Form – auch größtenteils als Onlineveranstaltung. Auch wenn dies sicher unter dem Blickwinkel des Zeit- und Kostenfaktors eine gute Alternative sein mag, so kann es doch eine Präsenzveranstaltung mit persönlichen Gesprächen und Social Networking nicht ersetzen. Es bleibt zu hoffen, dass Herbst das Verkehrsrechtssymposium in Mainz wieder in Präsenz stattfinden kann und sich die Verkehrsrechtsfamilie nach langer Zeit wieder einmal treffen kann.
Autor: Andy Ziegenhardt
RA Andy Ziegenhardt, FA für Verkehrs- und Versicherungsrecht, Erfurt
zfs 7/2021, S. 361