Wie also sieht es aber mit dem bußgeldrechtlichen Fahrverbot aus? Während die eindeutige Regelung nach § 69a Abs. 2 StGB es dem Tatrichter bei der Anordnung der Sperrfrist ermöglicht, Ausnahmen zu bestimmen, steht dem Tatrichter bzw. der Bußgeldbehörde eine so konkrete Regelung beim bußgeldrechtlichen Fahrverbot nicht zur Verfügung. Die bußgeldrechtliche Praxis zeigt jedoch, dass Ausnahmeregelungen auch bei bußgeldrechtlichen Fahrverboten getroffen oder abgelehnt werden. Welche Rechtsgrundlage gilt hierfür? Zunächst ermöglicht die Formulierung des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG eine Beschränkung des Fahrverbots, indem von Kraftfahrzeugen jeder "oder einer bestimmten Art" gesprochen wird:
Zitat
§ 25 Fahrverbot
(1) 1Wird gegen die betroffene Person wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 Absatz 1, die sie unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt, so kann ihr die Verwaltungsbehörde oder das Gericht in der Bußgeldentscheidung für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. […]
Zudem muss eine solche Ausnahmeregelung als Ausfluss des auch für das Fahrverbot geltenden Übermaßverbots herangezogen werden können, gerade um eine abgestufte Rechtsfolgenhierarchie überhaupt zu ermöglichen. So kann eine Ausnahme für den Betroffenen der notwendige Mittelweg zwischen einschränkungslosem Fahrverbot und kompensationslosem Wegfall des Fahrverbots sein. Dies zeigt sich schon daran, dass in der Rechtsprechung thematisiert wird, ob diese Rechtsanwendung zwingend ein Absehen vom Fahrverbot im Sinne des § 4 Abs. 4 BKatV darstellt und ob dies darüber hinaus zu einer Erhöhung der Geldbuße führen muss oder nur führen kann. Richtigerweise wird hier keine zwingende Einordnung bejaht. Ob es sich um einen Teilwegfall des Fahrverbots aus Gründen der Verhältnismäßigkeit handelt oder ob die Gewährung einer Ausnahme unter § 4 Abs. 4 BKatV subsumiert wird, ist der Entscheidungsprärogative des Tatrichters vorbehalten und nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Welche Beschränkung der Bußgeldrichter auch wählen mag: Es gilt wie auch bei den strafrechtlichen Entscheidungen das Gebot, dass die Beschränkung des Fahrverbots dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen muss, bei der Verwaltungsbehörde für die ausgenommenen Fahrzeugarten einen Ersatzführerschein zu beantragen. Der Bußgeldrichter darf also nicht in guter Absicht etwas ausurteilen, was die Verwaltung nicht rechtlich erfüllen könnte.
Was genau kann im Bußgeldrecht an Ausnahmeregelungen entschieden werden? Die in § 25 Abs. 1 S. 1 StVG erwähnte "Kraftfahrzeugart" ist wie oben gesehen nicht gesetzlich definiert, sie wird in § 6 Abs. 1 S. 3 FeV erwähnt, wobei § 6 FeV die Fahrerlaubnisklassen regelt. Damit kann eine Ausnahmeregelung schon aus der gesetzlichen Systematik heraus für alle Fahrzeuge einer Fahrerlaubnisklasse ausgesprochen werden aber ggf. auch auf einzelne Kraftfahrzeugarten einer Fahrerlaubnisklasse. Im Gegensatz zu § 69a StGB besteht im Bußgeldrecht keine Schwierigkeit, ein Fahrverbot auf die Nutzung von Pkw zu beschränken, um die Berufsausübung mit Lkw weiterhin zu ermöglichen, da ja die Fahrerlaubnis nicht entzogen wird und damit kein Hindernis für die Verwaltungsbehörde besteht, ein Legitimationspapier ersatzweise auszustellen, sofern es der Betroffene nicht ohnehin für sich selbst als ausreichend ansieht, nur das gerichtliche Urteil mit sich zu führen, um einer Strafverfolgung nach § 21 StVG zu entgehen. Wie schon bei den Zitaten zu § 69a StGB sichtbar war, können auch im Bußgeldrecht mit spezifischem Verwendungszweck fahrende Fahrzeuge vom Fahrverbot ausgenommen werden.
Um die Beschränkung anordnen zu können, bedarf es besonderer objektiver oder subjektiver Umstände, die die Annahme rechtfertigen, dass der erzieherische Zweck des Fahrverbots trotz einer eingeschränkten Teilnahme des Angeklagten im Verkehr erreicht werden kann. Die gleiche Problematik besteht auch bei § 69a StGB, da dort die Annahme gerechtfertigt sein muss, dass der Zweck der Maßregel trotz einer eingeschränkten Teilnahme des Angeklagten im Verkehr erreicht werden kann. Mithin darf trotz fortbestehender (genereller) Ungeeignetheit zur Führung von Kraftfahrzeugen eine Führung gerade derjenigen Fahrzeugart, auf die sich die Ausnahme bezieht, durch den Angeklagten keine Gefährdung der Allgemeinheit befürchten lassen. Ohne Bedeutung für die Frage der Anordnung einer solchen Ausnahme sind dabei wirtschaftliche, berufliche oder private Gesichtspunkte, wenngleich Ausnahmen in besonderen Fällen denkbar sind. Besonders restriktiv wird der Tatrichter dann agieren, wenn charakterliche Unzuverlässigkeit unabhängig von der Fahrzeugart anzunehmen ist, so etwa bei Alkoholdelikten oder Delikten mit Aggressionspotential im Straßenverkehr.
Die bisher beschriebenen Ausnahmen, lassen sich zwanglos in die im Teil I. beschriebene K...