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Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO in Verb. mit § 11 RPflG zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet …

II. Der Rechtspfleger hat die vom Kläger in Ansatz gebrachten Privatsachverständigenkosten zu Recht festgesetzt. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten geben zu einer abweichenden Bewertung keinen Anlass.

Aufgrund des vom Landgericht Bonn am 3.9.2019 festgestellten Prozessvergleichs kann der Kläger von der Beklagten u.a. Erstattung von 90 % seiner außergerichtlichen Kosten beanspruchen. Nach dieser Maßgabe hat er Anspruch auf Erstattung eines Teils der ihm aus der Beauftragung des Privatsachverständigen Prof. Dr. S. entstandenen außergerichtlichen Kosten. Denn zu den von der unterliegenden Partei gemäß § 91 ZPO zu tragenden Kosten des Rechtsstreits zählen insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Hierzu zählen die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens, wenn dieses unmittelbar prozessbezogen ist, die Tätigkeit des Privatsachverständigen also in unmittelbarer Beziehung zum Rechtsstreit steht. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn die Begutachtung im Hinblick auf den sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit erfolgt ist (BGH, Beschl. v. 12.9.2018 – VII ZB 56/15, zfs 2019, 285 m. Anm. Hansens = AGS 2018, 579 = RVGreport 2018, 466 (Hansens); BGH Beschl. v. 23.5.2006 – VI ZB 7/05,AGS 2016, 461 m. Anm. Onderka = RVGreport 2006, 315 (ders.). Dagegen sind die Kosten eines Gutachtens, das zunächst der Klärung des materiell-rechtlichen Rechtsverhältnisses dient, etwa der Einstandspflicht einer Versicherung, unabhängig von seiner späteren Verwendung bei der Prozessführung nicht erstattungsfähig (OLG Stuttgart, Beschl. v. 31.1.2019 – 8 W 17/19, JurBüro 2019, 307).

Nach dieser Maßgabe ist eine Prozessbezogenheit der mit Rechnung vom 17.7.2019 über 1.290,00 EUR abgerechneten Gutachtertätigkeit des Privatsachverständigen Prof. Dr. S. zu bejahen. So erfolgte seine Beauftragung mit Rücksicht auf den laufenden Rechtsstreit und stellt sich schon deswegen als prozessbezogen dar (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 26.2.2013 – VI ZB 59/12, zfs 2013, 346 m. Anm. Hansens = RVGreport 2013, 236 (Hansens). Durchgreifende Einwendungen hat die Beklagte hierzu nicht vorgebracht.

Die für die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten weiter erforderliche Sachdienlichkeit der Hinzuziehung eines Privatsachverständigen ist ebenfalls zu bejahen. Für die Beurteilung ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme – ex ante – als sachdienlich ansehen durfte. Sachdienlich ist die Hinzuziehung insbesondere dann, wenn die Partei ohne die Einholung des Privatgutachtens infolge fehlender Sachkenntnis zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage wäre oder ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – VI ZB 17/11, zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 229 (Hansens)). Das gilt unabhängig von der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im zu beurteilenden Fall (BGH, Beschl. v. 12.9.2018 – VII ZB 56/15, zfs 2019, 285 m. Anm. Hansens = AGS 2018, 579 = RVGreport 2018, 466 (ders.)) und einer tatsächlichen (positiven) Beeinflussung der Entscheidung des Gerichts (BGH, Beschl. v. 20.12.2011 – VI ZB 17/11, zfs 2012, 285 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 229 (ders.)). Nach dieser Maßgabe ist die vom Kläger veranlasste privatgutachterliche Beratung nicht zu beanstanden.

Als Versicherungsnehmer ohne besondere Fachkenntnisse war der Kläger zu einer eigenen Berechnung des Rückabwicklungssaldos nicht in der Lage. Erfolglos verweist die Beklagte auf eine ihr diesbezüglich obliegende sekundäre Darlegungslast. Denn eigene Angaben zu den von ihr als maßgeblich angesehenen (kalkulierten) Risiko-, Abschluss- und Verwaltungskosten sowie Sparbeiträge sind dem erstinstanzlichen Vortrag nicht zu entnehmen. Aus diesem Grunde ist es der Beklagten auch verwehrt, sich auf eine fehlende Eignung des Privatgutachtens wegen der darin (angeblich) nur “hypothetischen Werte' zu berufen. Ob dessen Eignung nicht bereits daraus folgt, dass sich die Parteien auf den dortigen Abwicklungssaldo nahezu betragsgenau verständigt haben, kann daher offenbleiben. Die Notwendigkeit einer sachverständigen Beratung wird auch nicht durch die Möglichkeit in Frage gestellt, gegen die Versicherung im Wege einer Stufenklage vorzugehen. Auch hier wäre der Versicherungsnehmer regelmäßig nicht gehindert, die im Zuge der Auskunft zu erteilenden Angaben der Versicherung – unter Hinzuziehung eines Privatgutachters – einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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