Die Kl. hat gegen den Bekl. einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Zahlung von 8.053,26 EUR, weil die von ihr erbrachte Invaliditätsleistung in diesem Umfang überhöht war und dem Bekl. bei Zugrundelegung des zutreffenden Invaliditätsgrades von (höchstens) 2/10 Beinwert nicht mehr als 16.106,74 EUR zustanden.
1. Einem Rückforderungsanspruch der Kl. steht nicht schon ihre Erklärung über ihre Leistungspflicht im Schreiben vom 10.5.2016 entgegen. Zwar hatte die Kl. gemäß § 11 I. AUB 94 binnen der dort bestimmten Frist zu erklären, ob und in welcher Höhe sie einen Anspruch des Bekl. auf Invaliditätsleistung anerkennt. Trotz der Verwendung des Begriffs "anerkennen" stellt die Erklärung des Unfallversicherers, ob und in welcher Höhe er einen Anspruch anerkennt, nach den Versicherungsbedingungen indes nur eine einseitige Meinungsäußerung des VR und Information an den Anspruchsberechtigten dar, welche die Fälligkeit der anerkannten Entschädigung herbeiführt, im Übrigen aber keine rechtsgeschäftliche, potentiell schuldbegründende oder schuldabändernde Regelung bewirken soll. Weitergehende Wirkungen legen dieser Erklärung weder die Bedingungen noch das Gesetz (§ 187 Abs. 2 VVG) bei (vgl. BGHZ 66, 250 zu §§ 11, 13 AUB 61 [unter II 2 b aa]; VersR 2019, 1412 Rn 10 [zu Ziffer 9 AUB 99], bei. Rechtsgrund der Invaliditätsleistung ist danach nicht die Erklärung des Unfallversicherers, dass er den Anspruch in einer bestimmten Höhe anerkennt, sondern weiterhin der Versicherungsvertrag. Ist die ausgezahlte Invaliditätsleistung vertraglich nicht oder nicht in voller Höhe geschuldet, steht dem Unfallversicherer daher grundsätzlich ein Herausgabeanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu, wobei es ihm obliegt, dessen Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (…).
2. Der Rückforderungsanspruch der Kl. hängt auch nicht davon ab, ob die Kl. sich das Recht auf Neubemessung der Invalidität gemäß § 11 IV. AUB 94 vorbehalten hat. Daher kommt es auf die möglicherweise eine Zulassung der Revision gebietende Beantwortung der Rechtsfrage, ob eine Neubemessung der Invalidität auf Verlangen des VN ein Recht des VR auf (teilweise) Rückforderung der Invaliditätsleistung begründen kann, nicht an. Denn die Kl. ist an die Erstbemessung der Invalidität nicht gebunden und kann daher ihren Rückforderungsanspruch darauf stützen, dass bei dem Bekl. von Anfang an tatsächlich ein geringerer Grad der Invalidität vorlag als sie ihrer Regulierungszahlung zugrunde gelegt hatte.
a. Aus den Regelungen in § 11 I. und IV. AUB 94 folgt, wie eine Auslegung dieser Klauseln ergibt, keine Bindung des Unfallversicherers an die Erstbemessung der Invalidität, weshalb die Kl. auch keine Neubemessung der Invalidität verlangen musste, um den regulierten Betrag teilweise zurückverlangen zu können.
(1) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (vgl. BGH, VersR 2019, 542 Rn 15. Rspr. seit BGHZ 123, 83, 85).
(2) Nach diesen Maßgaben führt das Fehlen eines Neubemessungsvorbehalts im Sinne von § 11 IV. AUB 94 nicht zu einer Bindung der Kl. an die von ihr vorgenommene Erstbemessung der Invalidität.
(a) Der durchschnittliche VN kann den Regelungen in § 11 I. und IV. AUB 94 zunächst eine Unterscheidung zwischen der Erstbemessung der Invalidität und ihrer Neubemessung entnehmen (…). Er wird weiter die Verpflichtung des VR gemäß § 11 I. Satz 1 AUB 94 erkennen, bei einem geltend gemachten Invaliditätsanspruch innerhalb von drei Monaten ab dem Eingang bestimmter Unterlagen zu erklären, ob und in welcher Höhe er einen Anspruch anerkennt. Zu dem in § 11 IV. Satz 1 AUB 94 bestimmten Recht der Vertragsparteien, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall, erneut ärztlich bemessen zu lassen, wird der VN dieser Klausel im Hinblick auf den erkennbaren Zusammenhang mit § 11 I. AUB 94 entnehmen, dass eine derartige Neubemessung der Invalidität – auch schon begrifflich – eine Erstbemessung voraussetzt und mithin erst nach vorangegangener Erstbemessung in Betracht kommt (…).
(b) Der durchschnittliche VN wird ferner erkennen, dass das in § 11 IV. Satz 2 AUB 94 geregelte Vorbehaltserfordernis allein auf die Neubemessung der Invalidität bezogen ist. Das ergibt sich für ihn aus dem klaren Wortlaut der Regelung, nach dem der VR "dieses Recht" mit Abgabe seiner Erklärung "entsprechend I." – also der Erklärung über die Leistungspflicht nach § 11 I. Satz 1 AUB 94 – ausüben muss. "Dieses Recht" meint aber erkennbar allein das in Satz 1 von § 11 IV...