Diese kurze und zutreffende Entscheidung des BGH zeigt, dass in der Praxis häufig die verschiedenen Werte, um die es in einem Zivilprozess gehen kann, verwechselt werden und auch unzulässige Beschwerden eingelegt werden. Deshalb soll die Entscheidung Anlass geben, die drei verschiedenen Wertfestsetzungsverfahren vorzustellen.
Zuständigkeits- und Zulässigkeitsstreitwert
In manchen Fällen hängt die Zuständigkeit des Gerichts von dem Erreichen eines bestimmten Wertes ab. Dies kann auch für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs gelten, etwa für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde (§ 567 Abs. 2 ZPO), für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder für die Zulässigkeit der Berufung (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dieser Wert wird von dem Prozessgericht gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festgesetzt, wobei hierfür die nachfolgend in den §§ 4 bis 9 ZPO aufgeführten Streitwertvorschriften einschlägig sind.
Ein besonderes Verfahren für die Wertfestsetzung ist gesetzlich nicht geregelt, sodass der Zuständigkeits- oder Zulässigkeitsstreitwert im Tenor oder in den Gründen der Hauptsacheentscheidung, in einem besonderen Beschluss oder auch in einem Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO festgesetzt werden kann.
Keine gesonderte Anfechtung der Wertfestsetzung
Die Wertfestsetzung in dem Urteil kann nur zusammen mit der Hauptsacheentscheidung angefochten werden. Erfolgt die Wertfestsetzung in einem Verweisungsbeschluss, ist diese gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO grundsätzlich unanfechtbar. Ist der Streitwert nur zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit durch gesonderten Beschluss nach § 329 ZPO festgesetzt worden, kommt eine Anfechtung ebenfalls nicht in Betracht (s. hierzu Zöller/Herget, ZPO, 34. Auflage 2022, § 3 ZPO Rn 7).
Keine Bindung des Rechtsmittelgerichts
Obwohl daher die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes und des Zulässigkeitsstreitwertes nicht anfechtbar ist, gibt es für die Beteiligten keine Rechtsschutzlücke. Denn das Rechtsmittelgericht ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des von einem Zulässigkeitsstreitwert abhängigen Rechtsmittels an die vorinstanzliche Wertfestsetzung nicht gebunden (s. BGH NJW-RR 2005, 210). Dies gilt auch für die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Auch dort findet eine Bindung des BGH an die Wertfestsetzung seitens des Berufungsgerichts nicht statt (BGH NJW-RR 2013, 1401; BGH AGS 2016, 182 = zfs 2016, 404 = RVGreport 2016, 229 (Hansens); BGH ZInsO 2020, 440).
Folglich war hier die Verfahrensweise des Beklagten von Anfang an sinnlos. Selbst im höchst unwahrscheinlichen Fall des Erfolgs der Streitwertbeschwerde hätte dies lediglich Einfluss auf die Berechnung der gerichtlichen Verfahrensgebühr gehabt, die dann eben nach einem höheren Streitwert berechnet worden wäre. Auf die Zulässigkeit eines etwa einzulegenden Rechtsmittels, wie etwa einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 ZPO, hätte dies keinen Einfluss gehabt, da der BGH eine von dem Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde in eigener Zuständigkeit daraufhin überprüft hätte, ob sie deshalb unzulässig ist, weil der Wert der Beschwer 20.000,00 EUR nicht übersteigt.
Streitwert für die Gerichtsgebühren
Bei dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert muss zwischen zwei verschiedenen Fallkonstellationen unterschieden werden.
Vorliegende Festsetzung des Zuständigkeits- oder Zulässigkeitsstreitwerts
Hat das Gericht den Streitwert für die Zuständigkeit des Gerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels bereits festgesetzt, ist diese Festsetzung grundsätzlich auch für die Berechnung der gerichtlichen Gebühren maßgebend, soweit die Wertvorschriften des GKG nicht von den Wertvorschriften des Verfahrensrechts abweichen (§ 62 Satz 1 GKG). Eine Abweichung liegt beispielsweise in Mietsachen vor, bei denen in § 41 GKG für die Bemessung des Gerichtsgebühren-Streitwerts aus sozialen Gründen für die Beteiligten günstigere Regelungen vorhanden sind als in § 8 ZPO für den Zuständigkeits- und Zulässigkeitsstreitwert.
Keine Festsetzung des Zuständigkeits- oder Zulässigkeitsstreitwerts
Hat das Gericht den Streitwert für die Entscheidung über die Zuständigkeit des Gerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht festgesetzt, hat es gemäß § 63 GKG den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert durch Beschluss gesondert festzusetzen. Gegen diese Wertfestsetzung ist gemäß § 68 GKG die Beschwerde und ggf. die weitere Beschwerde statthaft. Infolge der Verweisung auf § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG betreffend die Rechtsbehelfe gegen den Gerichtskostenansatz in § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG sind Beschwerden an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statthaft. Folglich war das Begehren des Beklagten hier, eine Sachentscheidung über seine Streitwertbeschwerde vom BGH zu erlangen, von Anfang an aussichtslos.
Beschwerde des Verfahrensbeteiligten auf Heraufsetzung des Wertes unzulässig
Hier hatte das im Fall des BGH das OLG Nürnberg den "Streitwert für das Berufungsverfahren" festgesetzt. Dies spricht...