Mit seinem Versäumnisurteil vom 16.2.2023 hat der IX. ZS des BGH seine bisher zu § 18 Abs. 1 Satz 1 BRAGO ergangene Rechtsprechung fortgesetzt. Dem ist zuzustimmen. Zwischen der Vorgängerregelung des § 18 Abs. 1 S. 1 BRAGO und der jetzt geltenden Vorschrift des § 10 RVG über die Vergütungsberechnung gibt es keine inhaltlichen Unterschiede. Beide Vorschriften stimmen weitgehend überein. Es gibt auch keinen sachlichen Grund dafür, dem ausgeschiedenen Rechtsanwalt zu verwehren, seine angefallenen und fällig gewordenen Vergütungsansprüche gegenüber dem Auftraggeber durch Erstellung einer Vergütungsberechnung abzurechnen und diese Berechnung dem Auftraggeber mitzuteilen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Abwickler bestellt worden ist und dieser die Erstellung und Mitteilung der Vergütungsberechnungen des ausgeschiedenen Rechtsanwalts übernommen hat. Ein solcher Fall hat hier nicht vorgelegen.
Instruktiv sind auch die Ausführungen des BGH zur entsprechenden Anwendung des § 129 Abs. 1 HGB auf die GbR, zur Hemmung der Verjährung der Gesellschafterschuld und allgemein zur Hemmung der Verjährung bei Erlass eines Mahnbescheids und dessen demnächstiger Zustellung.
Darüber hinaus gibt die Entscheidung Anlass, auf weitere Probleme bei der Erstellung der anwaltlichen Vergütungsberechnung hinzuweisen, auf die es bei der Entscheidung des BGH nicht ankam.
Schriftform
Allgemeines
Aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 S. 1 RVG ("Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern.") ergibt sich, dass der Rechtsanwalt dem Auftraggeber seine Vergütungsberechnung schriftlich zu erteilen hat (§ 126 BGB). Wie er dies in der Praxis umsetzt, bleibt dem Anwalt weitgehend überlassen. So kann er dem Auftraggeber eine gesonderte schriftliche Rechnung erteilen. Er kann die Rechnung aber auch in ein Schreiben an den Mandanten aufnehmen. Zulässig ist es auch, wenn die Vergütungsberechnung als Anlage einem an das Gericht gerichteten Schriftsatz beigefügt wird oder wenn die Rechnung in diesen Schriftsatz mit aufgenommen wird. Enthält beispielsweise die Klageschrift in einem Honorarprozess gegen den Auftraggeber die Vergütungsberechnung und erfüllt sie dabei sämtliche formellen und inhaltlichen Anforderungen des § 10 RVG, genügt dies der Schriftform.
Gleiches gilt für den Vergütungsfestsetzungsantrag gem. § 11 Abs. 1 RVG. Auch in diesen Antrag kann die Vergütungsberechnung aufgenommen werden. Die Anforderungen an das Schriftformerfordernis sind dann erfüllt, wenn auch das für den Auftraggeber vorgesehene Exemplar des an das Gericht gerichteten Schriftsatzes die anwaltliche Unterschrift enthält. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn der Rechtsanwalt, um dessen Vergütung es geht, die beglaubigte Abschrift der Klageschrift oder des Vergütungsfestsetzungsantrages selbst unterzeichnet hat (LG Bochum AGS 2014, 60). Es dürfte sogar ausreichen, wenn der Rechtsanwalt den Beglaubigungsvermerk persönlich unterzeichnet hat (AnwaltsKomm-RVG/N. Schneider, 9. Aufl. 2021, § 10 Rn 86).
Achtung bei der elektronischen Form
Die in § 126 Abs. 1 Satz 1 BGB geforderte Schriftform kann gem. § 126 Abs. 3 BGB auch durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Für anwaltliche Vergütungsberechnungen findet sich keine dem entgegenstehende Vorschrift. Gem. § 126a BGB ist die elektronische Form dann gewahrt, wenn der Rechtsanwalt der Vergütungsberechnung seinen Namen hinzufügt und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versehen hat. Die sonst bei der Schriftform erforderliche eigenhändige Unterschrift des Rechtsanwalts wird also durch die qualifizierte Signatur ersetzt. Demgegenüber erfüllt selbst die elektronische Übermittlung der Vergütungsberechnung ohne diese qualifizierte Signatur nicht das Schriftformerfordernis (so auch AnwaltsKomm-RVG/N.Schneider, a.a.O., § 10 Rn 15).
In seinem Beschluss v. 27.11.2022 (AGS 2022, 545 (N. Schneider) = zfs 2023, 104 m. Anm. Hansens) hat das OLG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage der Rechtsanwalt im Verhältnis zu seinem Auftraggeber die elektronische Form gar nicht einhalten kann. Die Legitimationswirkung der Absendersignatur nach § 130a Abs. 3 und Abs. 4 ZPO gilt nämlich nur im Verhältnis des Rechtsanwalts gegenüber dem Gericht.
Mitteilung
Allgemeines
§ 10 Abs. 1 Satz 1 RVG erfordert es weiter, dass der Rechtsanwalt die inhaltlich und formell ordnungsgemäß erstellte Vergütungsberechnung dem Auftraggeber mitgeteilt hat. Folglich muss dem Auftraggeber die mit der Unterschrift des Rechtsanwalts versehene Vergütungsberechnung gem. § 130 BGB zugegangen sein. Dabei genügt es auch, wenn der Rechtsanwalt die Vergütungsberechnung dem Auftraggeber nicht direkt mitteilt, sondern er sich hierzu der Hilfe des Gerichts bedient. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen die Vergütungsberechnung in einer Klageschrift oder in einem Vergütungsfestse...