Der Straftatbestand des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort steht schon seit geraumer Zeit immer wieder in der Kritik. Diese reicht von der Frage, ab wann man von einem bedeutenden Schaden spricht bis hin zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm. Die Ampel-Koalition hat sich nun unter anderem zur Aufgabe gemacht, das Strafrecht von überflüssigen Straftatbeständen zu befreien und sich hierbei auch den § 142 StGB vorgenommen.
Bereits 2018 war eine Reform des § 142 StGB Thema auf dem 56. Verkehrsgerichtstag. Dort wurde die Beibehaltung der Strafbarkeit auch bei Blechschäden bejaht, aber eine zusätzliche Entziehung der Fahrerlaubnis erst bei Personenschäden oder Sachschäden ab 10.000,00 EUR befürwortet.
Ein Entwurf für eine Neufassung/Änderung des § 142 StGB liegt noch nicht vor, gleichwohl ist seitens der Bundesregierung beabsichtigt, die Strafbarkeit einer Unfallflucht künftig auf Personenschäden zu beschränken und bei Sachschäden lediglich noch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand anzunehmen.
In seiner Stellungnahme aus dem Mai 2023 hat der Deutsche Anwaltverein (DAV) durch die Ausschüsse Verkehrsrecht und Strafrecht das Reformvorhaben grundsätzlich befürwortet. Denn die Vorschrift in der aktuellen Fassung diene in erster Linie der Beweissicherung der aus dem Unfall erwachsenen zivilrechtlichen Ansprüche von Geschädigten bzw. der Abwehr unberechtigter Ansprüche. Der Schutzzweck sei weder eine bessere Strafverfolgung noch eine Erhöhung der Verkehrssicherheit. Auch werde hier nicht die Schadensherbeiführung unter Strafe gestellt, sondern ein "Nachtatverhalten nach der Schadensherbeiführung".
Diese Erwägungen verdienen Zustimmung. Es mag zwar für einen Geschädigten in einer solchen Situation ärgerlich sein, ggf. einem Schädiger nicht habhaft zu werden. Aber es ist wenig nachvollziehbar, weshalb im verkehrsrechtlichen Bereich ein solches Verhalten unter Strafe gestellt wird, während man z.B. sich bei sonstige Sachbeschädigungen (z.B. eine Hauswand mit Graffiti beschmieren, ein Haus anzünden) straffrei entfernen darf.
Es ist daher durchaus geboten, die Strafbarkeit in diesem Bereich einzuschränken und lediglich auf Personenschäden zu beschränken und hierbei sogar noch leichteste Verletzungen wie Hämatome oder HWS-Verletzungen ohne wesentliche körperliche Beeinträchtigung auszunehmen.
Der Deutsche Anwaltverein fordert auch eine klarere Fassung des subjektiven Tatbestands. So sollte neben der Erkennbarkeit für den Flüchtigen, dass er Beteiligter eines Unfalls ist, auch zumindest bedingter Vorsatz für das Eintreten eines Personenschadens anzunehmen sein.
Auch die tätige Reue im Falle der Ermöglichung nachträglicher Feststellungen sollte nicht nur auf den ruhenden Verkehr beschränkt bleiben, sondern stets anzuwenden sein. Denn so wird der Anreiz erhöht, nachträglich noch die Feststellungen zu ermöglichen. Dies würde letztlich dem Schutzzweck des Tatbestandes (Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche) eher dienen als die Strafdrohung, die Unfallflüchtige eher abhalten wird, doch noch die Feststellungen zu treffen. Analog sollte dies auch für Sachschäden gelten und daher auch bei einem Bußgeldtatbestand die tätige Reue vorgesehen werden.
Letztlich befürwortet der DAV eine einheitliche Meldestelle, da in vielen Situationen eine Wartefrist an der Unfallstelle nicht geboten ist (nachts, bei Unfällen mit Bäumen usw.).
Eine Reform des § 142 StGB ist überfällig.
Autor: Dr. Matthias Köck
RA Dr. Matthias Köck, FA für Verkehrsrecht, Nürnberg
zfs 7/2023, S. 361