Die vorstehend dargelegten Grundsätze bleiben noch immer recht vage und unbestimmt. Die Rechtsprechung hat daher zur Konkretisierung ein sog. Vier-Stufen-Modell entwickelt.
a) Reparaturaufwand bis zum Wiederbeschaffungsaufwand
Weitgehend unproblematisch ist die erste Stufe, bei der die Reparaturkosten zuzüglich des merkantilen Minderwerts (sog. Reparaturaufwand) nicht über den Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungskosten abzüglich des Restwerts des beschädigten Fahrzeugs) hinausgehen. Der Geschädigte kann die Reparaturkosten in diesem Fall sowohl konkret als auch fiktiv auf Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnen, wobei er bei fiktiver Abrechnung keine Umsatzsteuer erhält (§ 249 Abs. 2 S. 2 BGB). Die Zulässigkeit der fiktiven Abrechnung hängt nicht davon ab, ob der Geschädigte das Fahrzeug vollständig, teilweise oder überhaupt nicht reparieren lässt. Hat der Geschädigte eine mühelos ohne Weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit, so muss er sich bei fiktiver Abrechnung aber unter dem Aspekt der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 S. 1 BGB hierauf verweisen lassen. Eine Weiterbenutzung des Fahrzeugs ist dagegen weder bei konkreter noch bei fiktiver Abrechnung erforderlich.
b) Reparaturaufwand zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert
Belaufen sich die Reparaturkosten und die Wertminderung auf einen Betrag zwischen dem Wiederbeschaffungsaufwand und dem Wiederbeschaffungswert (100 %-Bereich), so kann der Geschädigte auf der zweiten Stufe des Modells die über den Wiederbeschaffungsaufwand hinausgehenden Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung nur verlangen, wenn er das Fahrzeug – falls erforderlich – wieder in einen verkehrssicheren Zustand versetzt und es nach dem Unfall für eine längere Dauer (mindestens sechs Monate) weiter nutzt. Der Anspruch auf Erstattung der fiktiven Reparaturkosten wird dabei allerdings sofort und nicht erst nach Ablauf der sechs Monate fällig. Veräußert der Geschädigte das Fahrzeug vor Ablauf der sechs Monate, so realisiert er damit den Restwert. Bei fiktiver Abrechnung ist der Anspruch auf Reparaturkostenersatz daher im Fall der Veräußerung auf den Wiederbeschaffungsaufwand begrenzt.
Für die konkrete Abrechnung des Schadens bestehen keine entsprechenden Einschränkungen. Es kommt also auch nicht auf die weitere Nutzung des Fahrzeugs durch den Geschädigten an. Der Geschädigte muss sich den Restwert des Fahrzeugs daher auch dann nicht anrechnen lassen, wenn er das Fahrzeug nach erfolgter Reparatur vor Ablauf von sechs Monaten veräußert.
c) Reparaturaufwand bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert
Besonders problematisch ist die dritte Stufe des Modells, bei der die Reparaturkosten und die Wertminderung den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs um bis zu 30 % übersteigen (sog. 130 %-Grenze). Keine Besonderheiten ergeben sich allerdings bei fiktiver Schadensabrechnung. Hier gelten vielmehr die gleichen Grundsätze wie im 100 %-Bereich. Nutzt der Geschädigte das Fahrzeug nicht mindestens sechs Monate weiter, bleibt der Anspruch auf Ersatz der fiktiven Reparaturkosten also auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt. Sofern der Geschädigte das Fahrzeug wenigstens sechs Monate weiter nutzt und es zu diesem Zweck – soweit erforderlich – in einen verkehrstauglichen Zustand versetzt, kann er dagegen auch bei fiktiver Abrechnung bis zur 100 %-Grenze den Ersatz der vollen Netto-Reparaturkosten verlangen. Die weiteren 30 % bleiben bei fiktiver Abrechnung aber stets außer Betracht.
Rechnet der Geschädigte die Reparaturkosten auf der dritten Stufe konkret ab, so billigt die Rechtsprechung ihm einen Integritätszuschlag von 30 % zu. Lässt der Geschädigte das Fahrzeug vollständig, fachgerecht und in einer dem Sachverständigengutachten entsprechenden Weise reparieren, so kann er daher bis zu der 130 %-Grenze den Ersatz der gesamten Reparaturkosten verlangen. Die Rechtsprechung rechtfertigt diese Ausweitung der "Opfergrenze" des Schädigers mit dem Interesse des Geschädigten, sein vertrautes Fahrzeug weiterbenutzen zu können. Denn der Geschädigte wisse, wie sein Fahrzeug ein- und weitergefahren, gewartet und sonst behandelt worden sei. Der Erwerb eines Ersatzfahrzeugs auf dem Gebrauchtwagenmarkt sei dagegen mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Da der Geschädigte sein Interesse an der Weiternutzung des Fahrzeugs manife...