RVG § 11 Abs. 5

Leitsatz

Einwendungen, die gegen eine Vergütungsfestsetzung, erhoben werden und ihren Grund nicht im Gebührenrecht haben, müssen erkennen lassen, dass sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen hergeleitet werden.

LAG Köln, Beschl. v. 3.11.2023 – 8 Ta 116/23

1 Sachverhalt

Die Rechtsanwälte hatten den Kläger in einem arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren vor dem LAG Köln als Prozessbevollmächtigte vertreten. Nach Beendigung dieses Verfahrens beantragten sie die Festsetzung ihrer Vergütung gem. § 11 RVG. Der vom Rechtspfleger des Arbeitsgerichts Köln angehörte Kläger erklärte in seinem Schreiben vom 8.5.2023, Einwendungen zu erheben, die ihren Grund nicht im anwaltlichen Gebührenrecht hätten. Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts setzte gleichwohl die Vergütung antragsgemäß gegen den Kläger fest. Mit seiner hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Kläger geltend gemacht, er sei durch den angefochtenen, seiner Meinung nach rechtswidrigen Vergütungsfestsetzungsbeschluss in seinen Rechten verletzt. Nachdem der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen hat, hat das LAG Köln sie zurückgewiesen.

2 Aus den Gründen:

… “II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das ArbG hat die beantragte Vergütung des Beschwerdegegners zu Recht festgesetzt.

Soweit der Kläger – ausschließlich – geltend macht, er erhebe Einwände, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht hätten, sind diese nicht geeignet, eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu begründen. Zwar ist nach § 11 Abs. 5 RVG die Festsetzung der Vergütung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Da über die Begründetheit der Einwände nicht im vereinfachten Vergütungsfestsetzungsverfahren zu entscheiden ist, kann grundsätzlich keine nähre Substantiierung oder Schlüssigkeit der Einwendungen verlangt werden (vgl. nur LAG Köln v. 24.2.2014 – 7 Ta 301/13, AGS 2014, 512). Allerdings müssen die Einwendungen erkennen lassen, dass der Antragsgegner sie aus konkreten, tatsächlichen Umständen herleitet, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht haben, da nur so geprüft werden kann, ob sie aus der Luft gegriffen sind. Die nur formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes reicht nicht aus. Zudem muss die Einwendung auch auf die Besonderheit des konkreten Falls bezogen sein (vgl. nur Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 26. Aufl. 2023, RVG § 11 Rn 112-115 m.w.N.)

Diesen Anforderungen wird die Beschwerde des Klägers nicht gerecht. Er hat neben der formelhaften Wendung, er erhebe Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht begründet seien, keinerlei Tatsachen vorgetragen, die einen Bezug zu tatsächlichen Umständen des konkreten Falls erkennen lassen …“

3 Anmerkung:

Die Entscheidung des LAG Köln, der zuzustimmen ist, gibt Anlass zur Erörterung, was im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG zu prüfen ist.

Zweck des Vergütungsfestsetzungsverfahrens

Das Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß § 11 RVG dient der schnellen, einfachen und kostengünstigen Titulierung des Vergütungsanspruchs des als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten tätig gewesenen Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber. In Zivil-, Arbeits- und Familiensachen entscheidet der Rechtspfleger über den Antrag auf Festsetzung der Vergütung, in verwaltungsgerichtlichen, sozialgerichtlichen oder finanzgerichtlichen Verfahren trifft die Entscheidung der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die formalen Voraussetzungen des Vergütungsfestsetzungsverfahrens und ferner zu prüfen, ob die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren und Auslagen dem antragstellenden Rechtsanwalt entstanden sind und die Vergütung fällig ist. Über materiell-rechtliche Einwendungen hat der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hingegen nicht zu entscheiden.

Behandlung gebührenrechtlicher Einwendungen

Eine Einwendung oder Einrede ist dann gebührenrechtlich, wenn sich der im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG in Anspruch genommene Antragsgegner darauf beruft, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer von dem Rechtsanwalt geltend gemachten Gebühr seien nach dem RVG nicht erfüllt. Hierzu gehört etwa der Einwand, der Anwalt habe nach einer unzutreffenden Ziffer des VV RVG abgerechnet oder die geforderte Vergütung sei nicht in der geltend gemachten Höhe entstanden. Gebührenrechtlich ist auch der Einwand, die Tätigkeit des Rechtsanwalts sei für den Abschluss des später geschlossenen Vergleichs nicht (mit –)ursächlich gewesen (BGH AGS 2020, 330 = zfs 2020, 407 m. Anm. Hansens = RVGreport 2020, 290 [Hansens]). Denn auch dies ist eine Frage der Anwendung der Nr. 1000 VV RVG einschließlich des Abs. 2 der Anm. zu dieser Vorschrift.

Für eine solche Prüfung verfügt der Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG über die erforderlichen prozessualen Möglichkeiten zur Ermittlung auch solcher Tatsachen, die sich nicht unmittelbar aus der Verfahrensakte ergeben. Der den Verg...

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