“ … II. … 2. Schließlich greift auch der Einwand der Betroffenen, § 8 Abs. 3 FPersG i.d.F. vom 6.7.2007 sei unwirksam, nicht durch.
a) Durch Art. 28 der VO (EG) 561/06 wurde die in § 8 Abs. 1 Nr. 2b) FPersG in Bezug genommene VO (EWG) 3820/85 aufgehoben und durch die aufhebende Verordnung ersetzt. Diese Wirkung trat gem. Art. 29 VO(EG) 561/06 im Wesentlichen am 11.4.2007 ein. Im Hinblick darauf hätte der Bundesgesetzgeber das FPersG und die hierauf beruhende Fahrpersonalverordnung anpassen müssen. Hierzu war er gem. Art. 19 Abs. 1 der VO (G) 561/06, Art. 249 Abs. 3 der konsolidierten Fassung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gehalten. Die notwendige Anpassung erfolgte erst durch das 3. Gesetz zur Änderung des FPersG vom 6.7.2007, das nach seinem Artikel 3 am Tag nach seiner Verkündung, also am 7.7.2007, in Kraft trat. Vom 12.4.2007 bis zum 6.7.2007 bestand daher eine Lücke, die dazu führte, dass in dieser Zeit nach der Meistbegünstigungsvorschrift des § 4 Abs. 3 OWiG Verstöße nicht geahndet werden konnten (vgl. hierzu OLG Koblenz vom 11.5.2007 – 1 Ss 113/07 – [=zfs 2007, 471]; OLG Frankfurt a.M. vom 27.6.2007 – 2 Ss-OWi 43/07 –).
b) Diese Lücke hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 8 Abs. 3 FPersG, nach der Ordnungswidrigkeiten gem. § 8 FPersG, die bis zum 10.4.2007 unter der Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 begangen wurden, abweichend von § 4 Abs. 3 OWiG nach den zum Zeitpunkt der Tat geltenden Bestimmungen geahndet werden können, wirksam geschlossen.
§ 8 Abs. 3 FPersG verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Diese grundgesetzliche Norm, die auch für Bußgeldtatbestände gilt, gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Die Vorschrift verbietet die rückwirkende Anwendung neuen materiellen Rechts zuungunsten des Täters, und zwar sowohl die rückwirkende Strafbegründung, als auch die rückwirkende Strafschärfung. Sie besagt aber nichts über die Dauer des Zeitraums, während dessen eine in verfassungsgemäßer Weise für strafbar erklärte Tat verfolgt und durch Verhängung der angedrohten Strafe geahndet werden darf, verhält sich also nur über das “von wann an’, nicht jedoch über das “wie lange’ der Strafverfolgung (BVerfG vom 29.11.1989 – 2 BvR 1492/87 – in NJW 1990, 1103 m.w.N. [= zfs 1990, 177]). Die in § 8 Abs. 3 FPersG bestimmte Anwendung der VO (EWG) 3820/85 auf Ordnungswidrigkeiten, die bis zum 10.4.2007 begangen wurden, verstößt nach diesen Grundsätzen nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Denn diese Handlungen waren schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung durch Gesetz mit einem Bußgeld bedroht. Der Unrechtsgehalt der bußgeldbewehrten Handlung blieb von den eingetretenen Gesetzesänderungen unberührt (so auch OLG Hamm vom 18.10.2007 – 2 Ss OWi 683/07 – in DAR 88, 101 f.; OLG Düsseldorf vom 21.12.2007 – IV 2 Ss (OWi) 83/07 – in NZV 2008, 161 ff.).
Auch das einfachgesetzliche Rückwirkungsverbot des § 4 Abs. 3 OWiG wird durch § 8 Abs. 3 FPersG nicht missachtet. Ob bei einer Ahndungslücke § 4 Abs. 3 OWiG einer Ahndung entgegensteht, ist – wie dargelegt – keine Frage des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbotes, sondern eine der Auslegung und Anwendung des darunter stehenden einfachen Rechts (BVerfG a.a.O.). Bedenken gegen den Ausschluss der Meistbegünstigungsvorschrift des § 4 Abs. 3 OWiG bestehen im vorliegenden Fall nicht. Insbesondere steht dem kein zugunsten der Betroffenen entstandener schutzwürdiger Vertrauenstatbestand entgegen. Denn die von ihr begangene Handlung war zum Zeitpunkt der Begehung durch einen gültigen Bußgeldtatbestand sanktioniert. Die Betroffene musste mit einer Ahndung rechnen. Auch fordert die VO (EG) Nr. 561/2006 in ihrem Art. 19 von den Mitgliedstaaten eine Sanktionierung für Verstöße gegen ihre Bestimmungen, ähnlich wie es in Art. 17 Abs. 1 der außer Kraft getretenen VO (EWG) Nr. 3820/85 bestimmt war. Nach Art. 249 Abs. 3 der konsolidierten Fassung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist diese Verordnung in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Es war daher für den Normadressaten der Verordnung nicht zu erwarten, dass der nationale Gesetzgeber (rechtwidrig) eine Sanktionierung der Verstöße entfallen lassen und etwa die Bußgeldbewehrung aufheben werde. Weiter wurde zur Rechtfertigung der Einführung der Regelung des § 8 Abs. 3 FPersG im Gesetzgebungsverfahren, unter Hinweis auf erste gerichtliche Entscheidungen, darauf hingewiesen, dass (anderenfalls) “ab sofort sämtliche nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren mit Bezug auf die VO (EWG) Nr. 3820/85 nicht mehr geahndet werden könnten’ (BTDruckS 16/5238 S. 7). Dies legt nahe, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 8 Abs. 3 FPersG gerade zur Schließung der dargestellten Ahndungslücke aktiv wurde, die er als solche zuvor nicht erkannt hatte. Schließlich handelte der Gesetzgeber, an parlamentarischen Zeitabläufen gemessen, bei der Schaffung der Norm nach Erkennen des D...