PflVG § 5 Abs. 7
Leitsatz
Der Versicherer ist nicht verpflichtet, dem kündigenden Versicherungsnehmer eine Bestätigung über den unabhängig vom Versicherungsverlauf gewährten Schadenfreiheitsrabatt auszustellen.
AG Köln, Urt. v. 7.11.2006 – 261 C 554/05
Sachverhalt
Im Dezember 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten für seinen Pkw den Abschluss einer Kfz-Haftpflichtversicherung. Dies geschah mündlich. Die Beklagte erteilte auf Grund seines Antrages für das Fahrzeug unter dem 30.1.2003 einen Versicherungsschein. Dem Versicherungsvertrag wurde ausweislich des Versicherungsscheines ein Prämiensatz von 30 % zu Grunde gelegt. Der Kläger kündigte das Vertragsverhältnis gegenüber der Beklagten zum 1.1.2004. Ab dem 1.10.2004 versicherte er das Fahrzeug bei der X Versicherung AG. Dieser Versicherer legte einen Beitragssatz von 100 % zu Grunde. Der Kläger begehrt mit der Klage die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung einer Versichererwechselbescheinigung auf der Basis eines Prämiensatzes von 30 %. Er trägt vor: Bevor er bei der Beklagten einen Haftpflichtversicherungsvertrag für sein Fahrzeug geschlossen habe, habe ein Vorvertrag bei einem anderen Versicherer nicht bestanden. Das Vertragsangebot, auf welchem der mit der Beklagten geschlossene Versicherungsvertrag beruhe, sei ihm seitens eines Mitarbeiters der Beklagten telefonisch unterbreitet worden. Er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Vorversicherung nicht bestanden habe. Der Mitarbeiter der Beklagten, mit dem er telefoniert habe, habe ihm dennoch einen Schadensfreiheitsrabatt von 30 % offeriert.
Aus den Gründen
“Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erteilung einer Versichererwechselbescheinigung auf der Basis eines Prämiensatzes von 30 % nicht zu. Gem. § 5 Abs. 7 PflVG hat das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer bei Beendigung des Versicherungsverhältnisses eine Bescheinigung über dessen Dauer, die Anzahl und Daten während der Vertragslaufzeit gemeldeter Schäden, die zur einer Schadenzahlung oder noch wirksamen Schadenrückstellung geführt haben, auszustellen. Eine derartige Bescheinigung begehrt der Kläger indessen nicht. Ihm geht es allein um den mit der Beklagten vereinbarten Schadenfreiheitsrabatt, der ausweislich der Versicherungsurkunde zu einem Prämiensatz von 30 % geführt hat. Dass die Beklagte zur Erteilung einer solchen Bescheinigung verpflichtet sei, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Dem Kläger stand und steht es im Übrigen frei, der X-Versicherung AG den ihm durch die Beklagte erteilten Versicherungsschein vorzulegen. Allerdings ist kein Versicherungsunternehmen verpflichtet, in seinem Schadenfreiheitssystem auf Vorversichererzeiten bei anderen Versicherungsunternehmen abzustellen (so Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, II. Aufl. 2002, § 5 PflVG Rn 80/82). Wie der Kläger im Übrigen selbst vorträgt, beruhte der bei der Beklagten vereinbarte Prämiensatz von 30 % nicht auf einem langjährigen, günstigen Versicherungsverlauf sondern allein auf einer mit der Beklagten getroffenen Vereinbarung. Weshalb der neue Versicherer hieran gebunden sein sollte, ist weder ersichtlich noch dargetan. Dem neuen Versicherer musste er im Übrigen – zumindest auf Nachfrage – ohnehin entsprechende Angaben machen. Es stand dem neuen Versicherer frei, einen entsprechenden Beitragssatz zu vereinbaren, wie er mit der Beklagten vereinbart worden war, oder auch nicht. Eine Versichererwechselbescheinigung mit dem von dem Kläger angestrebten Inhalt konnte hierauf jedenfalls ersichtlich keinen Einfluss haben, insbesondere dann nicht, wenn der Kläger wahrheitsgemäß darauf hinwies, dass keine langjährigen Versicherungszeiten mit günstigem Schadenverlauf vorangegangen waren. Auf die von der Beklagten angesprochene Frage, ob der Kläger sich den Prämiensatz von 30 % “erschlichen’ hatte, kommt es hiernach nicht an.
Mitgeteilt von RA Metz, Kanzlei Bach, Langheid, Dallmayr, Köln
3 Anmerkung
Obwohl der Wettbewerb die Häufigkeit des Versichererwechsels deutlich erhöht hat und obwohl die "Übertragung" des Schadenfreiheitsrabatts eine Voraussetzung für die Beurteilung ist, ob sich Kündigung und Neuabschluss lohnen, finden sich kaum publizierte Streitfälle zu diesem Problem. Dabei kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Versicherungsnehmer in der Tat davon ausgeht, der bisherige Schadenfreiheitsrabatt bleibe ihm erhalten. Es ist das Verdienst der beiden Entscheidungen darauf aufmerksam zu machen, dass das ein Irrtum ist. Denn die Versicherer sind in der Gestaltung ihres jeweiligen "Bonus-Malus-Systems" frei.
Vom neuen Versicherer kann der Versicherungsnehmer daher selbstverständlich (nur) diejenige Einstufung in eine Schadenfreiheitsklasse verlangen, die der Vertrag vorsieht (oder die mit dem Versicherer auszuhandeln ist). Gesetzliche Vorgaben bestehen nicht. Die neuen AKB 2008 sehen – wie schon die bisherigen – regelmäßig eine Einstufung nach dem tatsächlichen bisherigen Schadenverlauf (und nicht nach einer früheren SF-Klasse)...