BRAO § 49 Abs. 4 S. 2 i.d.F.v. 2.9.1994, BRAO § 49b Abs. 4 S. 2 i.d.F.v. 12.12.2007
Leitsatz
Bereits vor dem 18.12.2007 konnten Vergütungsansprüche von Rechtsanwälten mit wirksamer Zustimmung des Schuldners auch an Nichtanwälte abgetreten werden, ohne dass es unter dieser Voraussetzung auf eine rechtskräftige Feststellung der Forderung und einen erfolglosen Vollstreckungsversuch ankam.
BGH, Urt. v. 24.4.2008 – IX ZR 53/07
Sachverhalt
Der Kläger hatte sich in einem Arzthaftungsprozess durch die Rechtsanwälte Q u.a. vertreten lassen. Ob für dieses Mandat die BRAGO oder das RVG anwendbar ist, war zwischen dem Kläger und seiner hier verklagten Rechtsschutzversicherung streitig. Die Rechtsschutzversicherung hatte die damit niedrigere Vergütung nach dem RVG berechnet und gezahlt. Hinsichtlich des sich bei Abrechnung nach der BRAGO ergebenden Mehrbetrages verlangte der Kläger von der beklagten Rechtsschutzversicherung die Freistellung von der Forderung der C. F. GmbH, an welche die von ihm beauftragte Anwaltssozietät ihren Vergütungsanspruch abgetreten hatte. Diese GmbH ließ ihre Forderungen durch eine Verrechnungsstelle einziehen.
Der Kläger hatte im März 2006 eine ihm von den Rechtsanwälten Q u.a. vorgelegte Erklärung unterzeichnet, nach der er sich ausdrücklich mit der Weitergabe der zum Zwecke der Abrechnung und Geltendmachung der Vergütung erforderlichen Informationen an die Verrechnungsstelle und die C. F. GmbH einverstanden erklärte, er die sich aus dem Mandat ergebenden Forderungen der Rechtsanwälte an die C. F. GmbH abtrat und diese GmbH bevollmächtigte und beauftragte, Freistellungsansprüche aus dem Mandatsverhältnis gegenüber seiner Rechtsschutzversicherung geltend zu machen. Mit seiner Klage war der Kläger vor dem AG Stuttgart und dem LG Stuttgart erfolglos geblieben. das Berufungsgericht hatte die Abtretung der Vergütungsforderung als nichtig angesehen, da die hierfür in § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO i.d.F. v. 2.9.1994 aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Der BGH hat diese Entscheidungen aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Aus den Gründen
[8] “ … § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der hier anzuwendenden Fassung vom 2.9.1994 war mit den in Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG garantierten Freiheits- und Eigentumsrechten unvereinbar. Denn ein Rechtsanwalt durfte in seiner Freiheit, über seine Vergütungsansprüche zu verfügen und entsprechende Verpflichtungen einzugehen, nicht ohne sachlichen Grund und nicht weiter als von einem solchen geboten beschränkt werden (vgl. BGHZ 171, 252, 256 ff.). Der Senat hat in seinem Urt. v. 1.3.2007 (BGHZ 171, 252, 257 Rn 18, 23), auf welches sich die Revisionserwiderung beruft, die Verfassungsmäßigkeit von § 49b Abs. 4 BRAO in der Fassung vom 2.9.1994 nur im Hinblick auf den dort angewendeten S. 1 der Vorschrift bejaht. Die hier entscheidungserhebliche Problematik des Satzes 2 spielte in jener Entscheidung keine Rolle.
[9] Dem Gesetzgeber stand zur Beseitigung des verfassungswidrigen Zustandes nur ein Weg offen. Denn jedenfalls musste die wirksame Zustimmung des Mandanten genügen, um bei der Abtretung von Vergütungsansprüchen die Mitteilung der Vergütungsgrundlagen an den Zessionar zu ermöglichen, die der Rechtsanwalt auf Grund des Abtretungsvertrages nach § 402 BGB im Regelfall schuldet. Deshalb führte die Verfassungswidrigkeit von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der Fassung vom 2.9.1994 zur Nichtigkeit (vgl. BVerfGE 117, 163, 199 unter II. 1. m.w.N.). Der Gesetzgeber hätte demgemäß zur Schließung der Gesetzeslücke, die durch die Nichtigkeit der Altregelung entstanden war, die abhelfende Änderung von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO rückwirkend in Kraft setzen müssen. Dies hat der Gesetzgeber in Art. 20 S. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts übersehen und die dort in Art. 4 angeordneten Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung mit Ausnahme der Aufhebung von § 52 einheitlich am Tage nach der Verkündung in Kraft treten lassen. Die von Verfassungs wegen gebotene Sonderregelung für ein rückwirkendes Inkrafttreten des neuen § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO zum 9.9.1994, dem Inkrafttreten der Vorgängerregelung, fehlt. Diese Gesetzeslücke ist daher im Wege verfassungskonformer Auslegung zu schließen.
[10] Dies kann der BGH in eigener Zuständigkeit entscheiden, ohne in das Verwerfungsmonopol des BVerfG aus Art. 100 Abs. 1 GG einzugreifen.
[12] III. Keiner Entscheidung bedarf im Streitfall, ob an der Rückwirkung von § 49b Abs. 4 S. 2 BRAO in der Fassung vom 12.12.2007 auch die Aufklärungspflicht des Gläubigers gem. § 49b Abs. 4 S. 3 BRAO teil hat. Der Kläger ist nach dem Inhalt seiner Zustimmungserklärung über den Umfang der möglichen Informationsweitergabe an die Zessionarin und die zur Einziehung ermächtigte Verrechnungsstelle in Vorwegnahme von § 49b Abs. 4 S. 3 BRAO n.F. bereits hinreichend aufgeklärt worden. Das war nach dem Schutzzweck des berührten Geheimhaltungsrechts ausreichend.
[13] Die Revisionserwiderung leugnet auch im Hinblick auf § 307 BGB zu Unrecht, dass das vom Kläger ge...