Mit dieser an sich klaren und eindeutigen Rechtsprechung mochten sich die deutschen Fahrerlaubnisbehörden sowie ihnen folgend die deutschen Verwaltungsgerichte, aber auch die Strafgerichte nicht anfreunden, so dass die Zahl der Vorlageverfahren aus Deutschland binnen kurzer Zeit erheblich anstieg.
Dies gab dem EuGH die Möglichkeit die Grenzen der Anerkennung ausländischer Führerscheine herauszuarbeiten. Zudem hatte der für das Führerscheinrecht zuständige Generalanwalt gewechselt. Generalanwalt Yves Bot brachte der deutschen Praxis erheblich mehr Verständnis entgegen, als sein Vorgänger. Die Tatsache, dass der Führerscheintourismus den europäischen Bestrebungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit zuwider läuft, fand nunmehr Eingang in die Entscheidungen des EuGH.
Mit den beiden Urteilen in den jeweils verbundenen Verfahren "Zerche, Seuke und Schubert" und "Wiedemann/Funk" entwickelte der EuGH seine Rechtsprechung fort und nahm erstmals auch zum Missbrauchsgedanken Stellung, der in der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit eine so dominierende Rolle spielte. Die Entscheidung "Wiedemann/Funk" erledigte die beiden Vorlageschlüsse des VG Chemnitz und des VG Sigmaringen, die jeweils den Missbrauch der Erteilungsbefugnis im Rahmen des Führerscheintourismus betrafen.
Der EuGH lehnte zwar auch in diesen Entscheidungen ausdrücklich ab, den deutschen Behörden oder Gerichten eine Überprüfungskompetenz der Tätigkeit der ausländischen Führerscheinbehörden zuzusprechen. Allerdings kam der EuGH den deutschen Behörden etwas entgegen. Wenn sich auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderer vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass die Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war, kann ein anderer Mitgliedstaat, der dem Führerscheininhaber früher die Fahrerlaubnis entzogen hatte, es ablehnen, die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus dem zu einem späteren Zeitpunkt von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerschein ergibt.
Diese Einschränkung des Gebrauchs einer ausländischen Fahrerlaubnis hat der deutsche Gesetzgeber nahezu wortgleich in § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV übernommen.
Bei den fünf Betroffenen in den beiden Verfahren war zwar jeweils die Sperrfrist abgelaufen, als die tschechischen Behörden den neuen Führerschein erteilten. Es würde aber in die tschechischen Führerscheine jeweils der aktuelle deutsche Wohnsitz eingetragen, so dass sich aus den Führerscheinen selbst ergab, dass die ausstellenden tschechischen Behörden mangels Wohnsitzes nicht zuständig waren.
Im Verfahren Wiedemann und Funk wurde weiter geprüft, ob die deutschen Behörden berechtigt waren, die tschechische Fahrerlaubnis vorläufig auszusetzen, wenn sie ein Überprüfungsverfahren bei der ausländischen Behörde einleiteten. Dies lehnte der EuGH zwar vom Grundsatz her ab, bestätigte aber eine solche Aussetzungsbefugnis für den Fall, dass sich die Unrichtigkeit aus dem Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen ergibt.