Im Zusammenhang mit der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV GKG sind so ziemlich alle Fragen umstritten:
I. Abgeltungsbereich der Aktenversendungspauschale
Einigermaßen geklärt ist der frühere Streit, ob die Aktenversendungspauschale auch die Aufwendungen des Antragstellers für die Rücksendung der Akten abgilt. Die mittlerweise h.A. verneint dies, so dass der Antragsteller die Auslagen für die Rücksendung der Akten selbst zu tragen hat, so etwa OLG Hamm RVGreport 2006, 76; Burhoff, RVGreport 2006, 41 m.w.N.
II. Antragsteller
Gem. § 28 Abs. 2 GKG schuldet die Aktenversendungspauschale, wer die Versendung oder elektronische Übermittlung der Akten beantragt hat. Im Regelfall wird die Aktenübersendung von einem als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten oder als Verteidiger oder Beistand tätigen Rechtsanwalt beantragt. Hieraus folgt jedoch nicht, ob dieser Antrag im Namen und im Auftrag des Mandanten oder im eigenen Namen des Rechtsanwalts gestellt worden ist. Viele Gerichte stellen zur Klärung dieser Frage darauf ab, wem ein Akteneinsichtsrecht zusteht. Steht dies der Partei zu, so wird der Mandant als Kostenschuldner angesehen. Ist das Akteneinsichtsrecht – etwa in Straf- oder Bußgeldsachen – nur dem Verteidiger vorbehalten, so wird dieser als Antragsteller und damit als Kostenschuldner der Aktenversendungspauschale angesehen.
So sieht beispielsweise im Zivilprozess das OLG Düsseldorf JurBüro 2008, 375 m. Anm. Enders = AGS 2008, 291 m. Anm. N. Schneider die Partei als Antragsteller an, ebenso das OVG Hamburg RVGreport 2006, 318 für den Verwaltungsprozess, während dies nach Auffassung des BayVGH NJW 2007, 1483 = AGS 2007, 574 = RVGreport 2007, 399 der Rechtsanwalt ist. In Straf- und Bußgeldverfahren wird im Regelfall der Verteidiger als Antragsteller angesehen, so das OLG Bamberg hier und das OLG Naumburg RVGreport 2009, 110 für den Beistand.
M.E. ist nicht auf das Akteneinsichtsrecht abzustellen, sondern allein auf den Antrag auf Aktenübersendung. Wird dieser von einem Rechtsanwalt gestellt, ohne dass dieser hierbei im Namen des Auftraggebers tätig wird, ist der Rechtsanwalt Schuldner der Aktenversendungspauschale. Denn die Aktenübersendung ermöglicht insbesondere dem nicht am Verwahrungsort der Akten kanzleiansässigen Rechtsanwalt, aber auch dem ortsansässigen Rechtsanwalt die Kenntnisnahme vom Akteninhalt auf eine zeit- und ggf. auch kostensparende Weise. Die Aktenversendung dient also dem Rechtsanwalt dazu, seine gegenüber dem Mandanten bestehende Pflicht zur Kenntnisnahme des Prozessstoffs wahrzunehmen. Etwas Anderes könnte dann gelten, wenn der Mandant selbst die Aktenversendung an sich selbst oder an seinen Rechtsanwalt beantragt. Mit solchen Fällen hat sich die veröffentlichte Rspr. meines Wissens jedoch noch nicht befasst.
III. Umsatzsteuerpflicht
In der Rspr. wurde teilweise die Auffassung vertreten, auch in den Fällen, in denen der Verteidiger die Aktenübersendung beantragt hat, sie die Aktenversendungspauschale ein durchlaufender Posten, der nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege, so etwa AG Dessau AnwBl. 2007, 239; AG Chemnitz DAR 2008, 114, dagegen für die Umsatzsteuerpflicht AG Neustadt/Weinstraße AGS 2008, 337. Das OLG Bamberg hier hat ebenso wie das OLG Naumburg RVGreport 2009, 110 mit zutreffenden Erwägungen die Umsatzsteuerpflicht und damit einen entsprechenden Ersatzanspruch gegen die Staatskasse bejaht. Wirtschaftlich hat diese Frage bei einem Umsatzsteuerbetrag von 2,28 EUR im Einzelfall keine große Bedeutung, in der Summe der vielen gleichgelagerten Fällen jedoch schon. Außerdem wird die wirtschaftliche Dimension der Umsatzsteuerproblematik, die auf den Rechtsanwalt zukommt, dann deutlich, wenn er nach einer Betriebsprüfung die Umsatzsteuer auf die Aktenversendungspauschalen der letzten Jahre aus eigenen Mitteln nachversteuern muss.
IV. Kostenerstattung
Die Aktenversendungspauschale (nebst Umsatzsteuer gehört in der Regel zu den vom unterlegenen Gegner zu erstattenden Kosten des Verfahrens, so VG Düsseldorf JurBüro 2006, 90 für den Verwaltungsprozess oder LG Görlitz NZV 2003, 429 = AGS 2003, 559 mit Anm. N. Schneider für den Schadensersatzprozess wegen eines Verkehrsunfalls.
Heinz Hansens