Aus den Gründen: „ … Die statthafte (§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 S. 1 RVG) und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG auf einer Rechtsverletzung beruht (§§ 33 Abs. 6 S. 2 RVG, 546 ZPO), soweit die von der Bf. beantragte Festsetzung der Mehrwertsteuer auf die Aktenversendungspauschale unterblieben ist. Denn es macht insoweit keinen Unterschied, ob der Rechtsanwalt als Wahlverteidiger oder Pflichtverteidiger seine entsprechende Rechnung stellt.
1. Ausgangspunkt für die Abrechnung verauslagter Beträge ist Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG. Danach kann der Anwalt verauslagte Aufwendungen (§§ 675 i.V.m. 670 BGB) dem Auftraggeber in Rechnung stellen. Grundlage für die Inrechnungstellung der Umsatzsteuer ist Nr. 7008 VV RVG. Danach hat der Anwalt seinem Auftraggeber die Umsatzsteuer, die das Finanzamt von ihm auf seine Vergütung erhebt, in Rechnung zu stellen. Entscheidend ist die tatsächliche Umsatzsteuerpflicht der anwaltlichen Tätigkeit. Muss der Anwalt Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann und muss er sie dem Mandanten in Rechnung stellen. Ist demgegenüber der Mandant Kostenschuldner der vom Anwalt vorgelegten Beträge, sind diese nicht mit Umsatzsteuer zu belegen. Es handelt sich dabei lediglich um durchlaufende Posten nach § 10 Abs. 1 S. 6 UStG, die der Anwalt seinem Mandanten umsatzsteuerfrei in Rechnung stellen kann. Ein durchlaufender Posten nach § 10 Abs. 1 S. 6 UStG liegt dann vor, wenn der Unternehmer, der die Beträge vereinnahmt oder verauslagt hat, im Zahlungsverkehr lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübt, ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben. Weiterhin darf er nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet sein (vgl. Verfügung OFD Karlsruhe vom 15.8.2007, DStR 2007, 1728). Hinsichtlich der Gerichtsgebühr (§§ 22 ff. GKG) ist der jeweilige Mandant Schuldner der Gerichtskosten, insoweit handelt es sich für den Anwalt um durchlaufende Posten, die nicht zu versteuern sind.
Anders verhält es sich dagegen bei den Kosten einer Aktenversendung nach Nr. 9003 KV GKG. Die Auslagen nach Nr. 9003 KV GKG schuldet nur, wer die Versendung oder die elektronische Übermittlung der Akte beantragt hat (§ 28 Abs. 2 GKG). Dies ist der Verteidiger, also auch der Pflichtverteidiger (vgl. Hartmann, KostG, 37. Aufl. § 28 GKG Rn 6; Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl., Nr. 7008 VV RVG Rn 12–16; Burhoff, RVG, 2. Aufl., Nr. 7008 VV RVG Rn 20; sowie die informative Darstellung der gesamten Problematik bei N. Schneider, Umsatzsteuer auf Auslagen des Rechtsanwalts in: DStR 2008, 759 ff.). Zutreffend weist Schneider (a.a.O.) daraufhin, dass das Recht auf Akteneinsicht auch der Partei zustehen und von ihr geltend gemacht werden kann. Die Partei hat jedoch kein Recht darauf, dass die Akten an sie versendet werden. Diese Leistung erbringt das Gericht ausschließlich gegenüber dem Anwalt, so dass dieser auch Kostenschuldner wird, wenn er die Akten zur Einsichtnahme in seiner Kanzlei anfordert (vgl. OFD Karlsruhe, a.a.O.). Somit ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 KV GKG Kostenschuldner der Anwalt ist. Auf diese Auslagen ist Umsatzsteuer zu erheben, die der Anwalt dem Mandanten in Rechnung stellen muss.
Die Umsatzsteuerpflicht ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Danach unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird.
2. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, hierbei den Pflichtverteidiger anders zu behandeln als den Wahlverteidiger. Die Bestellung zum Pflichtverteidiger ist eine besondere Form der Indienstnahme Privater zu öffentlichen Zwecken. Sinn der Pflichtverteidigung ist es nicht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen. Vielmehr besteht ihr Zweck ausschließlich darin, im öffentlichen Interesse dafür zu sorgen, dass der Beschuldigte in schwerwiegenden Fällen rechtskundigen Beistand erhält und der ordnungsgemäße Verfahrensablauf gewährleistet wird (BVerfG NJW 1985, 727 ff.). Die Bestellung und die Abberufung des Pflichtverteidigers sind richterliche Verfügungen. Sie gleichen nach Inhalt und Qualität einem begünstigenden Verwaltungsakt und seinem Widerruf (vgl. BVerfG NJW 1975, 1015 ff.). Grundlage der anwaltschaftlichen Tätigkeit des Pflichtverteidigers ist der öffentlichrechtliche Bestellungsakt des Gerichts. Hierdurch wird auch ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Beschuldigten bzw. Angeklagten begründet (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 785 f.). Die Pflichtverteidigung dient nämlich nicht allein dem öffentlichen Interesse an der geordneten Durchführung eines Strafverfahrens, sondern auch dem Interesse des Beschuldigten an einer wirksamen Verteidigung (M...