AKB § 14
Ein im Sachverständigenverfahren erstattetes Gutachten ist nur dann nicht bindend, wenn die Abweichung von der wirklichen Sachlage für jeden fachkundigen und unbefangenen Beurteiler bei gewissenhafter Prüfung klar und deutlich zu Tage tritt.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.3.2009 – 4 U 181/08
Aus den Gründen:
"I. Das Ergebnis von Klage und Widerklage hängt davon ab, ob das im Verfahren gem. § 14 AKB erzielte Gutachten des Sachverständigen (Obmanns) L für die Parteien bindend ist. In diesem Fall ist die Widerklage unbegründet, weil der Beklagte keinen höheren Wiederbeschaffungswert seines verunfallten Fahrzeugs als denjenigen, den die Klägerin bereits erstattet hat, verlangen kann. Gleichfalls steht fest, dass die Klägerin gem. § 14 Abs. 5 S. 2 AKB Anspruch auf Erstattung ihrer in diesem Verfahren entstandenen Sachverständigenkosten hat, während der Beklagte den Ersatz seiner Sachverständigenkosten nicht geltend machen kann."
II. Diese Voraussetzungen liegen vor. Das im Verfahren gem. § 14 AKB erzielte Gutachten des gem. Abs. 3 der Vorschrift tätig gewordenen Obmanns L ist für die Parteien bindend.
Auf das Sachverständigenverfahren gem. § 14 AKB ist die Regelung in § 64 VVG (in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung) anzuwenden. Nach § 64 Abs. 1 VVG a.F i.V.m. § 14 Abs. 1 AKB ist die Feststellung des Wiederbeschaffungswerts eines versicherten Fahrzeugs durch den vereinbarten Sachverständigen – hier: des gem. § 14 Abs. 3 AKB entscheidenden’ Obmanns, nachdem sich die zuvor tätigen Ausschussmitglieder T und G nicht einig waren – nur dann nicht verbindlich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Dabei können – zumindest mit gebotener Zurückhaltung – die Rechtsgedanken der §§ 317 ff. BGB entsprechend herangezogen werden (Prölss/Martin/Voit/Kappmann, VVG, 27. Aufl., § 64 Rn 1). Eine offenbare Abweichung von der wirklichen Sachlage ist gegeben, wenn sie für jeden fachkundigen und unbefangenen Beurteiler bei gewissenhafter Prüfung offen, also klar und deutlich zu Tage tritt. Entscheidend ist letztlich, ob das Gesamtergebnis des Gutachtens offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweicht. Erheblich ist die Abweichung, wenn sie bei ihrer Akzeptanz zu offenbarem Unrecht führen würde.
Diese Voraussetzungen können nach dem erstinstanzlich erzielten Beweisergebnis nicht festgestellt werden. Das LG hat nach Einholung des Sachverständigengutachtens S rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Bewertung des Wiederbeschaffungswerts durch den Sachverständigen L mit 16.900 EUR jedenfalls nicht offenbar unrichtig ist … Dabei kommt es nach der aufgezeigten Rechtslage nicht darauf an, ob überhaupt Abweichungen des Gutachtens L von der wirklichen Sachlage festzustellen sind. Die Bindungswirkung nach § 14 AKB entfällt erst dann, wenn die Abweichung im Hinblick auf das Gutachtenergebnis erheblich ist und offenbar zu Tage tritt. Diesen Nachweis hat der beweispflichtige Beklagte, der die mangelnde Bindungswirkung in Abrede stellt (vgl. zur Beweislast Prölss/Martin, a.a.O., Rn 35), mit dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen S nicht geführt.
1. Die Berufung greift das Gutachten des Obmanns L bereits nicht gezielt an. Sie befasst sich vielmehr ausschließlich mit dem gerichtlich eingeholten Gutachten S. Es fehlt daher schon an Berufungsangriffen, aus welchen Gründen das im Verfahren nach § 14 AKB eingeholte und grundsätzliche bindende Gutachten des Sachverständigen L tatsächlich keine Bindungswirkung entfalten soll …
2. Ungeachtet dessen hat das LG den Sachvortrag des Beklagten in erster Instanz für ausreichend erachtet und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, ob das Gutachten L offenbare und erhebliche Abweichungen von der wirklichen Sachlage enthält. Hierbei sind dem LG keine Rechtsfehler unterlaufen … Der beauftragte Sachverständige S hat den zu Grunde liegenden und maßgeblichen Sachverhalt aus den nachstehend näher erläuterten Gründen zutreffend und vollständig erfasst. Er hat keine für die Feststellung des tatsächlichen Wiederbeschaffungswerts des verunfallten Fahrzeugs nicht aussagekräftigen oder gar unzulässigen Erwägungen angestellt. Das Ergebnis seines Gutachtens ist daher nicht zu beanstanden. Danach liegt eine erhebliche Abweichung des Gutachtens L von der wirklichen Sachlage nicht vor:
Unstreitig war der verunfallte Wagen kein Serienfahrzeug, sondern das Produkt eines durch ein Tuningunternehmen durchgeführten Eigenbaus, sodass der vom Beklagten immer wieder herangezogene Vergleich mit einem Serienfahrzeug der Marke … , schon im Ansatz nur bedingt möglich ist. Es wird vom Beklagten auch nicht bestritten, dass der Komplettaufbau eines einzelnen … erheblich teurer ist als seine Serienanfertigung, sodass es nahe liegt, dass bei dem Fahrzeug des Beklagten, für das kein vergleichsweise höherer Erwerbspreis aufgewandt werden musste, erheblich billigere Teile – möglicherweise stammend aus einem Unfallfahrzeug – Verwendung gefunden haben. Unstreitig ...