21. Aufl., C.H. Beck 2010, ISBN 978-3-406-59421-2, 76 EUR
Kompression als Kunst wäre eine passende Überschrift für dieses seit langer Zeit etablierte und doch immer wieder in neuen Nuancen überraschende Werk zum gesamten Straßenverkehrsrecht. Diesmal wurde das Versicherungsrecht ergänzt, zudem die zahlreich ergangen Entscheidungen sowohl des EuGH (zum Fahrerlaubnisrecht) als auch des BGH (allgemeines Schadensrecht) eingearbeitet; formal umgestellt der gelichtete und in Anhänge verbannte Verkehrszeichenwald der StVO. Leider wurde die Rspr. nur bis Ende Juli 2009 berücksichtigt, sodass der seit August schwelende Streit um die Anwendung des § 100h StPO für Videoaufzeichnungen im OWi-Bereich und im StPO-Abschnitt nicht aufgenommen werden konnte.
In der durchweg gelungenen Einleitung zu Strafsachen und Ordnungswidrigkeiten wird u.a. die Lichtbildidentifikation instruktiv erklärt. Die übrigen, kürzeren Einführungskapitel befassen den Leser mit öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Grundlagen des Verkehrsrechts und sind ein passender Einstieg in die nachfolgenden Kommentierungen der StVO und des StVG. Details wie die Handynutzung oder die Schutzhelmpflicht von Radfahrern werden ebenso pragmatisch bearbeitet wie "große" Themen, etwa Vorfahrts- und Abbiegeverstöße. Prozessuale Standardprobleme wie die Beteiligung mehrerer Kfz an einem Unfall nach § 17 StVG sind dogmatisch sauber aufbereitet und die mittlerweile gefestigte BGH-Rspr. zum Mitverschulden von Kindern als Straßenverkehrsteilnehmern wird prägnant erläutert.
Kleinere Abschnitte erfassen das StGB sowie das Schadensersatzrecht des BGB. Erfreulich sind dabei zum einen die interdisziplinären Hinweise, z.B. auf versicherungsrechtliche Folgen der Unfallflucht oder steuerrechtliche Folgen des Schadensersatzanspruches, aber auch die technisch exakten Angaben zur BAK-Bestimmung. Schon beinahe selbstverständlich geworden sind prozessuale Tipps, gelungen etwa beim Schmerzensgeldanspruch. Zudem ist es ein perpetuum mobile, die BGH-Rechtsprechung, etwa zu Mietwagenkosten oder zum Stufenmodell beim Fahrzeugsachschaden einerseits verständlich, andererseits richtig wiederzugeben, was hier beides in lobenswerter Weise erfolgt ist.
Das kompakte Schlusskapitel beinhaltet das Versicherungsrecht, leider ohne sinnvolles Inhaltsverzeichnis. Es handelt sich um ausgewählte VVG-Normen, die insbesondere die Problemkreise grobe Fahrlässigkeit und Quotenbildung sowie die Forderungszession transparent abbilden. Bei der Darstellung der Privilegierung von nichtehelichen Lebensformen scheint allerdings die rigide Behauptung der Nichtanwendung auf homophile Lebensgemeinschaften zumindest angreifbar, nachdem der BGH erst 2009 das Vorhandensein von Kindern nur als ein Indiz unter mehreren gewertet hat.
Mit diesem Werk gelingen sowohl der rasche Erstzugriff als auch die grundlegende Lektüre zu diversen straßenverkehrsrechtlichen Themen. Wer es ausführlicher schätzt, muss auf umfangreichere Werke zurückgreifen, darf dies aber dem vorliegenden Kommentar nicht zum Vorwurf machen: in der gekonnten Kürze liegt sein wahrer Wert.