Zugleich eine Erwiderung auf Schulz: Der Auskunfts- und Abrechnungsanspruch des Rechtsschutzversicherers gegenüber dem Rechtsanwalt, zfs 2010, 246 ff.
A. Einleitung
In der Praxis mehren sich die Beschwerden von Rechtsschutzversicherern, die nach Vorschusszahlungen an den beauftragten Rechtsanwalt keine Auskunft oder Abrechnung über die Verwendung der Vorschüsse und über eingegangene Kostenerstattungsbeträge erhalten. Viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte berufen sich darauf, dass zwischen ihnen und den Rechtsschutzversicherern keine vertraglichen Beziehungen bestehen, oft auch auf ihre anwaltliche Verschwiegenheitspflicht.
In mehreren Stellungnahmen, insbesondere auch im Aufsatz von Schulz wird diese Auffassung unterstützt, wobei wesentliche Rechtsgrundlagen aus dem Versicherungsrecht missachtet werden.
B. Das Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwälten und Rechtsschutzversicherern
Es bestehen zwar keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen zwischen Rechtsanwälten und Rechtsschutzversicherern, gleichwohl kann durch die Anforderung und Entgegennahme von Vorschüssen ein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen; soweit Rechtsanwälte die gesamte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer übernehmen, sind sie an die Stelle des Versicherungsnehmers getreten und haben dessen vertragliche Pflichten zu erfüllen.
I. Dreiecksverhältnis
Ähnlich wie im Haftpflichtversicherungsrecht (Haftpflichtversicherung/Deckungsverhältnis) besteht auch in der Rechtsschutzversicherung ein Dreiecksverhältnis: Versicherungsnehmer-Rechtsschutzversicherer-Rechtsanwalt). Es sind somit zwei Verträge zu berücksichtigen, an denen der Mandant/Versicherungsnehmer beteiligt ist:
- Anwaltsvertrag zwischen Mandant und Rechtsanwalt,
- Versicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer (Mandant) und Rechtsschutzversicherer.
Aus dieser Konstellation wird deutlich, dass keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen Rechtsschutzversicherung und Rechtsanwalt bestehen, da der Rechtsschutzversicherer sich lediglich verpflichtet, den Versicherungsnehmer von Kostenansprüchen des beauftragten Rechtsanwalts freizustellen.
1. Abtretung
Unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem beauftragten Rechtsanwalt und dem Rechtsschutzversicherer könnten aber dadurch begründet werden, dass der Versicherungsnehmer seinen Befreiungsanspruch von Kosten an den beauftragten Rechtsanwalt abtritt.
§ 17 Abs. 7 ARB 2000 (ebenso § 20 Abs. 1 ARB 75) enthält freilich ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot, "es sei denn, dass sich der Versicherer hiermit schriftlich einverstanden erklärt". Ein derartiges Einverständnis wird im Regelfall nicht erteilt. Dieses Verbot der Abtretung ist zulässig und wirksam.
2. Repräsentantenstellung
Wenn ein Rechtsanwalt – wie üblich – die gesamte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer übernimmt, ist er insoweit als Repräsentant des Versicherungsnehmers anzusehen. Die Streitfrage, ob der beauftragte Rechtsanwalt Repräsentant oder lediglich Wissensvertreter/Wissenserklärungsvertreter des Versicherungsnehmers ist, kann dahinstehen. Auch das Wissen des Wissensvertreters oder die Erklärung des Erklärungsvertreters wird dem Versicherungsnehmer (Mandanten) analog § 166 BGB zugerechnet.
3. Entbindung von der Schweigepflicht
Soweit die Mandanten Rechtsanwälte beauftragen, die gesonderte Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer zu führen, liegt darin – zumindest konkludent – eine Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht, da ansonsten die Mitteilungen über den Versicherungsfall gar nicht möglich wären. Bis zur Erlangung der Deckungszusage und der Zahlung des Kostenvorschusses wird im Regelfall unreflektiert über das gesamte Mandatsverhältnis Auskunft erteilt; dieser Informationsfluss versiegt plötzlich, wenn es um Auskünfte über Erstattungsbeträge geht. Hier wird dann plötzlich die anwaltliche Schweigepflicht "wiederentdeckt", obgleich der Mandant selbst über Zahlungseingänge oft gar nichts weiß und daran auch nicht interessiert ist. Die ursprünglich erteilte Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht wird dann eigenmächtig vom beauftragten Rechtsanwalt dahingehend eingeschränkt, dass er über Zahlungseingänge Stillschweigen zu bewahren hat.
II. Forderungsübergang
Gem. § 17 Abs. 8 ARB 2000 gehen Ansprüche des Versicherungsnehmers "auf Erstattung von Kosten, die der Versicherer getragen hat", mit ihrer Entstehung auf den Versicherer über. Diese Regelung entspricht der gesetzlichen Regelung in § 86 VVG 2008 (§ 67 VVG 1908).
1. Umfang des Forderungsübergangs
Übergangsfähig sind nicht nur die Schadenersatzansprüche (Kostenerstattungsansprüche) des Versicherungsnehmers, vielmehr gehen auch vertragliche Ansprüche aus dem Schadenereignis auf den Versicherer über.