– Anmerkungen zur höchstrichterlichen BGH-Rspr. –
[Ohne Titel]
Der BGH hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Entscheidungen zur Abrechnung des Fahrzeugschadens gefällt. Hierbei hat er eine in sich stimmige und nachvollziehbare Rspr. geschaffen. Mit den Urteilen vom 13.11.2007, 27.11.2007, 22.4.2008 sowie vom 29.3.2003, 23.5.2006 und 29.4.2008 hat der BGH für die Fallgruppen "Reparaturkosten oberhalb 100 %, aber unterhalb 130 % des Wiederbeschaffungswertes" sowie "Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungswertes, aber oberhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes" allerdings Unklarheit hinsichtlich der Fälligkeit des Anspruchs auf Ersatz des Fahrzeugschadens geschaffen. Diese konnte der BGH durch seinen Beschl. v. 18.11.2008 nur teilweise ausräumen. Er hat in den genannten Entscheidungen eine Behalte- und Weiternutzungsfrist entwickelt, die in der Regel sechs Monate betragen soll. In der Folge ist in Rspr. und Literatur Streit darüber entstanden, ob diese Behalte- und Weiternutzungsfrist Fälligkeitsvoraussetzung für den Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens ist. Dieser Aufsatz will zunächst die Fallgruppen der Abrechnung des Fahrzeugschadens darstellen und dann auf das Problem der Fälligkeit des Anspruchs in den einzelnen Fallgruppen eingehen.
A. Die richtige Abrechnung des Fahrzeugschadens
Der BGH hat ein klares System der Abrechnung des Fahrzeugschadens geschaffen. Hierbei sind vier verschiedene Fallgruppen strikt voneinander zu trennen.
1. Reparaturkosten oberhalb von 130 % des Wiederbeschaffungswertes
Liegen die (voraussichtlichen) Reparaturkosten oberhalb von 130 % des Wiederbeschaffungswertes (im folgenden WBW), ist eine Reparatur in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig.
Dies hat zur Folge, dass der Geschädigte in jedem Fall – unabhängig davon, ob er fiktiv oder konkret abrechnet – nur den Wiederbeschaffungsaufwand (im folgenden WBA) ersetzt bekommt. Der WBA ist hierbei der um den Restwert (im folgenden RW) verminderte WBW des Fahrzeugs. Zur Feststellung, ob die (voraussichtlichen) Reparaturkosten den WBW um mehr als 30 % übersteigen, sind die jeweiligen Bruttowerte miteinander zu vergleichen. Außerdem ist auf Seite der (voraussichtlichen) Reparaturkosten die Wertminderung hinzuzurechnen.
Hat ein Sachverständiger die Reparaturkosten fehlerhaft ermittelt und stellt sich erst nach Durchführung der Reparatur heraus, dass die Reparaturkosten die 130 % des WBW überschreiten, so sind die Reparaturkosten trotz Überschreitens der 130 %-Grenze in voller Höhe durch den Schädiger zu ersetzen, da dieser das Prognoserisiko trägt. Die Kosten für die Reparatur können nicht in einen vom Schädiger zu tragenden wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis 130 % des WBW) und einen vom Geschädigten zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil (oberhalb 130 % des WBW) aufgeteilt werden. Aus diesem Grund kann der Geschädigte in dieser Fallgruppe auch nicht eine Teilreparatur durchführen und die hierdurch verursachten Kosten ersetzt verlangen. Der Geschädigte kann hier also immer nur auf Totalschadenbasis abrechnen. Schafft er ein Ersatzfahrzeug an, ist der WBW (brutto) abzüglich des RW (brutto) zu ersetzen, anderenfalls der WBW (netto) abzüglich des RW (brutto).