Die Entscheidung des BGH hat über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung. Den Ausführungen des BGH kann ich nicht in allen Punkten zustimmen.

Auftrag ist maßgeblich

Der BGH hat für die gebührenrechtliche Einordnung der Anwaltstätigkeit auf die Tätigkeit der Rechtsanwälte abgestellt. Allein maßgeblich ist jedoch der den Anwälten erteilte Auftrag, s. BGH NJW 1983, 2451 = JurBüro 1983, 1498; LG Berlin Rpfleger 1981, 369 und JurBüro 1981, 1528 für § 120 BRAGO. Wird beispielsweise ein Anwalt außergerichtlich tätig, indem er nach Ermittlung des Sachverhalts, rechtlicher Würdigung und Beratung des Mandanten schriftsätzlich eine gegnerische Forderung abwehrt und mit dem Gegner eine Besprechung zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens führt, so kann dies seine gebührenrechtliche Grundlage in einem Vertretungsauftrag oder aber in einem unbedingten Prozessauftrag haben. Nach außen hin ist die Tätigkeit gleich. Für die Berechnung der Anwaltsvergütung ist aber auf den dem Rechtsanwalt erteilten Auftrag abzustellen. Hat der Anwalt seine vorstehend erwähnten Tätigkeiten im Rahmen eines unbedingten Prozessauftrages entfaltet, berechnet sich seine Vergütung nach Teil 3 VV RVG, was ihm beispielsweise auch die Terminsgebühr für Besprechungen zur Vermeidung des Verfahrens erschließt. Ein Vertretungsauftrag ist demgegenüber nach Teil 2 VV RVG abzurechnen, was zur Berechnung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG führt, durch die dann auch etwaige Besprechungen, auch mit dem Gegner, abgegolten werden.

Die Ausführungen des BGH enthalten keine konkreten Feststellungen dazu, welchen Auftrag der Kl. seinen Rechtsanwälten erteilt hatte. Vom Inhalt dieses Auftrags hing jedoch entscheidend ab, ob den Anwälten die eingeklagte Geschäftsgebühr angefallen war. Hatte der Kl. seinen Anwälten angesichts der sehr kurz bemessenen Zahlungsfrist einen unbedingten Prozessauftrag zur Erhebung der Vollstreckungsgegenklage oder negativen Feststellungsklage erteilt, so hätten die außergerichtlich erhobenen Einwendungen gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 RVG zum Gebührenrechtszug gehört. Die entsprechende Tätigkeit wäre somit durch die 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100, 3101 Nr. 1 VV RVG abgegolten. Eine Geschäftsgebühr wäre dann nicht angefallen. Nur wenn der Kl. seinen Rechtsanwälten einen Vertretungsauftrag erteilt hätte, wäre die Klage begründet gewesen.

Aus der Entscheidung des BGH sollte jeder Rechtsanwalt den Schluss ziehen, künftig bei jedem Mandat schon vor Aufnahme der Tätigkeit klarzustellen, welchen Auftrag der Mandant eigentlich erteilt hat. Dies sollte möglichst in einer der Beweisaufnahme zugänglichen Weise festgehalten werden. Der genaue Inhalt des Auftrags – etwa unbedingter Prozessauftrag oder Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung als eine von vielen denkbaren Fallgestaltungen – kann häufig zusammen mit dem Hinweis des Rechtsanwalts auf die Abrechnung nach dem Gegenstandswert nach § 49b Abs. 5 BRAO, der tunlichst schriftlich erfolgen soll (s. BGH zfs 2008, 45 mit Anm. Hansens = NJW 2008,37) dokumentiert werden. Aus vielen bei meiner Kammer anhängig gewesenen Honorarklagen habe ich die Erfahrung gewonnen, dass Mandant und Rechtsanwalt häufig unterschiedliche Vorstellungen vom Inhalt des Auftrags haben. Es überrascht da sicherlich nicht, dass der Mandant oft den Auftrag behauptet, der zur geringst möglichen Anwaltsvergütung führt. Es ist dann Sache des Rechtsanwalts, den weitergehenden Auftrag, auf den er die verlangte Vergütung stützt, vorzutragen und zu beweisen.

Verhältnis von Schwellengebühr und Toleranzgrenze

Die Ausführungen des BGH, die "Erhöhung der 1,3-fachen Regelgebühr auf eine 1,5fache Gebühr" sei "einer gerichtlichen Überprüfung entzogen", weil die Anwälte die Toleranzgrenze von 20 % nicht überschritten hätten, sind so nicht zutreffend. Die Schwellengebühr kann nämlich nicht aufgrund des dem Anwalt bei der Bestimmung von Rahmengebühren gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG eingeräumten Ermessens überschritten werden, so OLG Jena RVGreport 2005, 145 (Hansens) = AGS 2005, 201 = JurBüro 2005, 303. Dies ist nämlich kein Problem der Nachprüfbarkeit des Ermessens des Rechtsanwalts bei der Gebührenbestimmung. Vielmehr geht es um die Frage, ob die gesetzlichen Anforderungen für das Überschreiten der Schwellengebühr, nämlich eine umfangreiche oder schwierige Anwaltstätigkeit, vorliegen. Der BGH hätte deshalb prüfen müssen, ob diese Voraussetzungen bei den Anwälten des Kl. vorgelegen haben. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt dürfte dies hier zwar der Fall gewesen sein. Der rechtliche Ansatz des BGH, mit dem er eine Prüfung der Voraussetzungen für die Überschreitung der Schwellengebühr unterlassen hat, ist jedoch unrichtig.

Gleichwohl ist diese Entscheidung des BGH in der Welt. Folglich sollte sich die Anwaltschaft bei der Abrechnung der Geschäftsgebühr in leicht überdurchschnittlichen Fällen auch bei nicht schwieriger und nicht umfangreicher Anwaltstätigkeit auf den BGH berufen und eine 1,5 Geschäftsgebühr in Ansatz bringen. Diese...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?