Nach einer rechtskräftigen Aburteilung von Verkehrsstraftaten besteht die Gefahr der Überprüfung des Fahrerlaubnisinhabers auf seine Fahreignung.
1. Gesetzliche Grundlagen
Bei der Verwirklichung von Verkehrsstraftatbeständen ist § 11 III Nr. 5–7 FeV zu prüfen. Danach kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln angeordnet werden,
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bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen (Nr. 5), |
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bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde (Nr. 6), oder |
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bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen (Nr. 7). |
Sondervorschriften regeln das Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörde bei Eignungszweifeln mit einer Alkoholproblematik (§ 13 FeV) und im Hinblick auf Betäubungs- und Arzneimittel (§ 14 FeV). Ein medizinisch-psychologisches Gutachten ist etwa beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Weitere Konkretisierungen für Mängel im Zusammenhang mit Alkohol und Betäubungsmitteln, "die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können", enthalten die Ziffern 8 und 9 der Anlage 4 der FeV.
In jedem Falle ist eine Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens nur rechtmäßig, wenn die Fahrerlaubnisbehörde hinreichend konkrete Verdachtsmomente feststellt, die einen Eignungsmangel des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers als nahe liegend erscheinen lassen. Gegen die Rechtmäßigkeit zur Gutachtensanforderung kann sprechen, dass die Tat schon lange zurückliegt. Entscheidend ist, ob auch heute noch von einem hinreichend konkreten Gefahrverdacht ausgegangen werden kann, der der Abklärung bedarf. Die Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch schon bei einmaligen Alkoholfahrten mit niedrigeren Blutalkoholkonzentrationen wäre rechtswidrig.
Bei Verkehrsstraftaten besteht ebenfalls das oben genannte Spannungsverhältnis zum Punktesystem, zumal auch hier Punkte anfallen. So wird etwa die Trunkenheitsfahrt nach Anlage 13 der Fahrerlaubnis-Verordnung mit sieben Punkten bewertet. Von den abgestuften Maßnahmen des Punktesystems dürfe, so die Rechtsprechung, nur abgewichen werden, wenn dies die Verkehrssicherheit und damit die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer gebiete, mit der Folge, dass im öffentlichen Interesse ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von 18 Punkten im Verkehrszentralregister von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr wirksam ausgeschlossen werden. Ein Verlassen des Punktesystems auf der Grundlage des § 4 I 2 StVG müsse dabei die Ausnahme bleiben und vom Vorliegen besonderer Gründe abhängen.
2. Bindung der Fahrerlaubnisbehörde an rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen
Der Fahrerlaubnisbehörde sind bei ihrer Entscheidung der Überprüfung der Fahreignung gem. § 3 IV 1 StVG Grenzen gesetzt. Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie sich zu dessen Nachteil über den Inhalt des Urteils insoweit nicht hinwegsetzen, als er sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung u.a. der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Mit dieser Vorschrift soll die sowohl dem Strafrichter (vgl. § 69 StGB) als auch der Verwaltungsbehörde (vgl. § 3 I StVG) eingeräumte Befugnis, bei fehlender Kraftfahreignung die Fahrerlaubnis zu entziehen, so aufeinander abgestimmt werden, dass Doppelprüfungen unterbleiben und die Gefahren widersprechender Entscheidungen ausgeschaltet werden, so die Rechtsprechung. Die strafrichterliche Entscheidung habe Vorrang vor der behördlichen. Dies finde seine Rechtfertigung darin, dass auch die Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter als Maßregel der Besserung und Sicherung eine in die Zukunft gerichtete, aufgrund der Sachlage zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung zu treffende Entscheidung über die Gefährlichkeit des Kraftfahrers für den öffentlichen Straßenverkehr sei. Insofern unterscheide sich die dem Strafrichter übertragene Befugnis von der Ordnungsaufgabe der Fahrerlaubnisbehörde nicht. Die Verwaltungsbehörde sei an die strafrichterliche Eignungsbeurteilung allerdings nur dann gebunden, wenn diese auf ausdrücklich ...