Freiburger Rechtswissenschaftliche Abhandlungen Band 8, Verlag Mohr Siebeck, 2011, 391 S., 69 EUR, ISBN-978-3-16-150863-9
Das Prinzip der Gefahrengemeinschaft durchzieht das gesamte Privatversicherungsrecht wie ein "roter Faden". Die Versicherungen in der Form des "Risk-Pooling" beruhen auf dem Gesetz der großen Zahl und der Zusammenfassung einer Masse von gleichartigen Risiken, die sich nach Möglichkeit nicht oder nur zu einem Bruchteil verwirklichen.
Grundlage des Versicherungsgedankens ist das Risikoausgleichskollektiv, die Gefahrengemeinschaft, in der die Gemeinschaft der Versicherungsnehmer durch ihr Prämienaufkommen die Mittel für diejenigen Versicherungsnehmer zur Verfügung stellt, die vom Versicherungsfall betroffen sind.
Trotz der großen Bedeutung des Prinzips der Gefahrengemeinschaft für das gesamte Versicherungsrecht fehlte es bislang an einer wissenschaftlichen und fundierten Untersuchung des Begriffs der Gefahrengemeinschaft, die durch das reformierte Versicherungsvertragsgesetz 2008 besonders aktuell geworden ist.
Die Autorin Julia Caroline Scherpe hat in ihrer Dissertation umfassend die Bedeutung des Prinzips der Gefahrengemeinschaft für das Privatversicherungsrecht und für Regelungen außerhalb des Versicherungsrechts dargestellt.
In einem gesonderten Kapitel findet man rechtsvergleichende Betrachtungen zur Bedeutung des Gefahrengemeinschaftsprinzips in Frankreich, den USA, Großbritannien und der Schweiz. Selbst die islamische Versicherung in den arabischen Staaten wird behandelt, da auch dort der Gedanke der Gefahrengemeinschaft einen sehr hohen Stellenwert hat.
Die Autorin kommt zu dem Ergebnis, dass das Gefahrengemeinschaftsprinzip verfassungsrechtlich gewährleistet ist und zum einen eine Garantiefunktion, zum anderen eine Begrenzungsfunktion enthält, so dass weder schematisch zugunsten der Versichertengemeinschaft noch zugunsten des einzelnen Versicherungsnehmers entschieden werden darf.
Die Abhandlung von Scherpe macht deutlich, dass das Prinzip der Gefahrengemeinschaft für alle versicherungsrechtlichen Probleme, auch und vor allem bei der Frage von Obliegenheitsverletzungen im Vordergrund stehen muss.
Auf insgesamt 391 Seiten findet man die bisher fehlende wissenschaftliche Untersuchung des Begriffs und des Anwendungsbereichs der Gefahrengemeinschaft, lesenswert und hilfreich sowohl für den versicherungsrechtlichen Dogmatiker als auch für den Praktiker, dem wertvolle Argumentationshilfen an die Hand gegeben werden.
Rechtsanwalt Dr. Hubert W. van Bühren, Köln