Sonderbedingungen zur Kraftfahrtversicherung von privat genutzten Wohnwagen (SB-584) § 6 Abs. 8
Leitsatz
Eine Bestimmung, nach der bei Abrechnung auf Gutachtenbasis abweichend von § 13 AKB "bis zu 50 %" des gutachterlich ermittelten Betrages erstattet werden, ist unwirksam.
LG Bremen, Urt. v.10.6.2010 – 6 O 1975/07
1 Aus den Gründen:
„ … I. Die Kl. hat einen Anspruch gegen die Bekl. auf Zahlung weiterer 2.220,93 EUR aus § 1 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. i.V.m. §§ 12 Abs. 1 Nr. I. Buchst. c), 13 AKB für den – allein noch streitigen – Schaden vom Mai 2007.
1. Der Versicherungsfall (Beschädigung des versicherten Wohnwagens durch Hagel) ist unstreitig eingetreten. Ebenso besteht Einigkeit zwischen den Parteien darüber, dass die Netto-Reparaturkosten sich auf 4.441,86 EUR belaufen und bei Abzug einer Selbstbeteiligung von 150 EUR sowie der von der Bekl. gezahlten Beträge von 720,93 EUR und 1.350 EUR rechnerisch noch ein Betrag i.H. der jetzt noch geltend gemachten Klagforderung offen ist.
2. Dieser Forderung kann die Bekl. nicht entgegenhalten, es seien gem. § 6 Abs. 8 S. 2 der Sonderbedingungen SB-584 von den Reparaturkosten nur 50 %, also 2.220,93 EUR, zu erstatten, die weiteren 50 % in gleicher Höhe seien aber nicht zu zahlen. Dem steht entgegen, dass die Vorschrift nach Auffassung der Kammer gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt und damit unwirksam ist.
a) Der Anwendbarkeit von § 6 Abs. 8 der SB-584 scheitert allerdings nicht daran, dass die Bedingungen insgesamt nicht Bestandteil des Versicherungsvertrages geworden wären …
b) Jedoch enthält § 6 Abs. 8 S. 2 der SB-584 eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung des VN, was gem. § 307 Abs. 1 BGB die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat.
aa) Bei den Sonderbedingungen SB-584 handelt es sich um AGB der Bekl. …
bb) Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, wobei sich die Benachteiligung auch daraus ergeben kann, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich § 6 Abs. 8 S. 2 der SB-584 vor.
Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung werden bei Abrechnung auf Gutachtenbasis abweichend von § 13 AKB bis zu 50 % des gutachterlich ermittelten Betrages ersetzt. Aus § 13 Abs. 1 AKB i.V.m. § 6 Abs. 4 S. 1 der SB-584 ergibt sich, dass ein Schaden grds. bis zur Höhe des Listenneupreises erstattet wird. Die wörtliche Anwendung von § 6 Abs. 8 S. 2 der SB-584 führt auch im Lichte von § 13 AKB dazu, dass der Versicherer nach seinem Ermessen einen Prozentsatz zwischen 1 % und 50 % ersetzen kann. Auch bei der von der Bekl. geforderten Einbeziehung von § 13 AKB ist für den VN nicht ansatzweise erkennbar, wonach sich die Höhe des zu ersetzenden Prozentsatzes richten soll. Insb. kann entgegen der Ansicht der Bekl. der Vorschrift des § 6 Abs. 8 S. 2 der SB-584 nicht entnommen werden, dass grundsätzlich die vollen 50 % ersetzt werden und ein geringerer Prozentsatz nur dann anzusetzen ist, wenn selbst 50 % der Reparaturkosten noch höher sind als der Listenneupreis. Aus welcher konkreten Formulierung der Vorschrift sich dieses Verständnis ergeben soll, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Bekl. nicht dargelegt. Außerdem hätte es dann nahe gelegen, die Vorschrift so zu formulieren, dass 50 % (und nicht “bis zu’ 50 %) der gutachterlich ermittelten Reparaturkosten, höchstens aber der Listenneupreis erstattet wird.
Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Vorschrift möglicherweise bisher, wie die Bekl. vorträgt, in der Praxis in dieser Weise angewendet worden ist. Für die Frage der Unwirksamkeit nach § 307 BGB kommt es nämlich nicht auf die tatsächliche praktische Handhabung einer Vorschrift an, sondern darauf, wie der VN sie verstehen muss. Abgesehen davon begründet das eigene Verhalten der Bekl. erhebliche Zweifel an der behaupteten ständigen Praxis. Denn nach dem unwidersprochenen Vortrag der Kl. hat die Bekl. ihr gegenüber zunächst die Vorschrift selber falsch angewendet, denn sie hat einen Selbstbehalt von 1.500 EUR abgezogen und lediglich auf der Basis einer Regulierung von 50 % abgerechnet. Die auch nach Auffassung der Bekl. korrekte Abrechnung erfolgte erst nach Rechtshängigkeit. Auch der weitere Verlauf des Rechtsstreits zeigt, dass die von der Bekl. vertretene Auslegung von § 6 Abs. 8 S. 2 der SB-584 offenkundig nicht so klar und eindeutig ist, wie dies nun behauptet wird. Denn obwohl die Wirksamkeit der Vorschrift von Anfang an von der Kl. in Abrede genommen wurde, war die Bekl. erst in ihrem letzten Schriftsatz … in der Lage, die ihrer Meinung nach korrekte und eindeutige Auslegung der Regelung darzustellen. Zuvor hatte sie, obwohl bereits auf Seite 3 der Klagschrift dargelegt wurde, dass die Ersatzleistung nach dem Wortlaut der Vorschrift quasi im Belieben des Versicherers steht, nur in einer eher allgemeinen Weise argumentiert und sich zwischenzeitlich auf das Urteil des Hanseatischen OLG Bremen vom 18.11.2008 (VersR 200...