BGB §§ 307, 611, 675
Leitsatz
1. Beauftragt der Fahrzeugeigentümer einen gewerblichen Autohändler gegen erfolgsabhängiges Entgelt (Provision) damit, sein Fahrzeug auf dessen Firmengelände anzubieten und im Namen und für Rechnung des Auftraggebers zu verkaufen (Vermittlungsvertrag), so ist das damit verbundene Vertragsverhältnis regelmäßig als entgeltliche Geschäftsbesorgung mit Dienstvertragscharakter einzuordnen.
2. Zur Frage der Unwirksamkeit der in einen solchen Vertrag aufgenommenen Klausel über eine "Werbemittel- und Platzmietpauschale" nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.
BGH, Urt. v. 13.1.2011 – III ZR 78/10
Sachverhalt
Der Kl. ist Eigentümer eines Pkw Opel Zafira und verlangt von der Bekl., die einen Autohandel betreibt und der er dieses Fahrzeug zur Vermittlung des Verkaufs übergeben hatte, die Herausgabe seines Autos. Die Parteien streiten darum, ob der Bekl. eine Gegenforderung auf Zahlung einer Werbemittel- und Platzmietpauschale i.H.v. wöchentlich 40 EUR zzgl. Umsatzsteuer zusteht.
Am 15.8.2008 schlossen die Parteien einen von der Bekl. vorformulierten "Vermittlungsvertrag", der unter anderem folgende Regelungen enthält:
„1.) Der Händler wird ermächtigt und beauftragt, im Namen und auf die Rechnung des Auftraggebers das diesem gehörende nachfolgend beschriebene Fahrzeug unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung des Händlers zu verkaufen und zu übereignen.
2.) ( … )
Abmelden: Ja. Gebühr: 20,– (EUR)
( … )
1. Der Verkaufspreis wird vom Auftraggeber auf 12.300,– EUR (brutto) wie besprochen festgesetzt. ( … )
2. ( … )
3. Bei erfolgreicher Vermittlung erhält der Auftragnehmer 10 % des Verkaufspreises ( … ) als Provision. Als Werbemittel- und Platzmietpauschale werden pro Woche 40,–EUR zzgl. MwSt berechnet, die vom Verkaufspreis in Abzug gebracht werden. Die Provision wird auf den unter Punkt 1 genannten Betrag aufgeschlagen. Diese Werbe- und Platzmietepauschale ist auch dann zu bezahlen, wenn es nicht zur Vermittlung des Fahrzeuges kommt.
( … )
11. Bei Abholung des Fahrzeuges sind die angefallenen Kosten in bar zu entrichten.
( … )“
Das Fahrzeug des Kl. konnte nicht verkauft werden und befindet sich weiterhin auf dem Verkaufsgelände der Bekl. Mit Schreiben vom 27.4. und 4.5.2009 verlangte der Kl. die Herausgabe des Autos. Hierzu erklärte sich die Bekl. nur gegen Zahlung der nach Maßgabe der Nr. 2.3 des Vermittlungsvertrags errechneten Pauschale bereit. Unter dem 22.7.2009 erteilte die Bekl. dem Kl. eine Rechnung über eine Summe von 2.352,40 EUR; hiervon entfallen 20,– EUR auf Abmeldegebühren und 2.332,40 EUR auf "Platzmiete und Werbungskosten" für 49 Wochen.
Der Kl. hat gemeint, die vertragliche Bestimmung über die Zahlung einer wöchentlichen Werbemittel- und Platzmietpauschale von 40,– EUR sei gem. §§ 305c, 307 ff. BGB unwirksam. Die Bekl. hat diese Regelung hingegen für wirksam gehalten und sich wegen ihrer Gegenforderung von 2.352,40 EUR auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
Das LG hat die Bekl. uneingeschränkt zur Herausgabe des Pkw verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Bekl. hat das OLG zurückgewiesen. Mit ihrer vom BG zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihr Begehren, lediglich Zug um Zug gegen Zahlung von 2.352,40 EUR zur Herausgabe verurteilt zu werden, weiter.
2 Aus den Gründen:
[6] "Die Revision der Bekl. hat keinen Erfolg."
[7] I. Das BG (DAR 2010, 468) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
[8] Die Bekl. könne sich gegenüber dem nach §§ 667, 675 und 985 BGB begründeten Herausgabeanspruch des Kl. nicht mit Erfolg auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen, da ihr kein Anspruch auf Zahlung der verlangten Werbemittel- und Platzmietpauschale zustehe. Bei der Regelung in Nr. 2.3 des Vermittlungsvertrags handele es sich um eine Nebenpreisabrede, die der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zugänglich sei. Die Hauptleistungspflicht der Bekl. bestehe in der Vermittlung des Verkaufs des ihr übergebenen Fahrzeugs, und im Gegenzuge schulde der Kunde die vereinbarte – erfolgsabhängige – Provision. Die Bewerbung und Vorführung sowie die Bereitstellung, Sicherung und Pflege des Pkw auf dem Gelände der Bekl. dienten nicht unmittelbar dem Interesse des Kunden, sondern in erster Linie dem eigenen Interesse der Bekl., einen Verkauf zu vermitteln, hierfür die verabredete Provision zu erlangen und sich gegen etwaige Ersatzansprüche des Kunden zu sichern. Dementsprechend würden diese Leistungen üblicherweise nicht gesondert berechnet, sondern mit der vereinbarten Provision abgegolten. Die hiervon abweichende Regelung stelle eine unangemessene Benachteiligung des Kunden nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 2 BGB dar. Bei längerer Standdauer könne die aufgelaufene Summe der Werbemittel- und Platzmietpauschale den Betrag der vereinbarten Provision übersteigen, sodass die Bekl. an einer alsbaldigen erfolgreichen Verkaufsvermittlung wirtschaftlich kein Interesse habe und hierdurch der eigentliche Vertragszweck gefährdet werde. Ob die Klausel darüber hinaus auch als überraschend i.S.v. § 305c BGB anzusehen sei, könne dahinstehen. Soweit die Bekl. 20,– EUR für die Abmeldege...