[2] "… Die Voraussetzungen für die Erhebung der Auslagenpauschale nach Nr. 9003 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG lagen nicht vor, da der Prozessbevollmächtigte des Kl. nicht um eine Übersendung der bei den Gerichtsakten befindlichen Verwaltungsvorgänge und Personalakten gebeten hatte, sondern ausdrücklich darum, “die Akten zur Abholung bei der Geschäftsstelle bereit zu legen’. Eine Übersendung der Akten ist in diesem Fall weder beantragt worden, noch findet sie tatsächlich statt. Holt der Prozessbevollmächtigte die Akten selbst bei der Geschäftsstelle ab oder lässt er sie von einer seiner Kanzleikräfte dort abholen, so fehlt es am Tatbestandsmerkmal der “Versendung’, weshalb eine Auslagenanforderung nicht auf Nr. 9003 Kostenverzeichnis – KV-GKG – gestützt werden kann."
[3] Nr. 9003 KV-GKG spricht seinem Wortlaut nach ausdrücklich von einer Pauschale “für die Versendung von Akten’. Der allgemeine Sprachgebrauch versteht unter einer “Versendung’ die Übergabe des zu transportierenden Gegenstandes an einen sowohl vom Absender als auch vom Adressaten verschiedenen Dritten, der entsprechende Beförderungsleistungen anbietet und der die Akten aus dem Gerichtsgebäude an einen außerhalb liegenden Ort zum Adressaten bringt (OLG Koblenz RVGreport 2013, 327 (Hansens) = NStZ-RR 2013, 125, 126). Das Bereitlegen der Akten zur Abholung auf der Geschäftsstelle des Gerichts unterfällt daher ebenso wenig wie das Einlegen der Akten zur Abholung in das Gerichtsfach des antragstellenden Prozessbevollmächtigten dem Begriff der Versendung.
[4] Der Einwand, dass auch dann, wenn das Akteneinsichtsgesuch mit der Erklärung des Prozessbevollmächtigten verbunden werde, die Akten bei der jeweiligen Geschäftsstelle abzuholen, für das Bereitstellen, die Anlage des Retenten, die zu dokumentierende Aushändigung der Akten und die Überwachung der fristgemäßen Rückgabe ein Mehraufwand entstehe (OLG Koblenz a.a.O.), ist zwar in der Sache zutreffend, vermag jedoch nicht zu rechtfertigen, den Begriff der “Versendung’ in Nr. 9003 KV-GKG derart zu überdehnen, dass die Abholung der Versendung gleichgesetzt wird (so aber OLG Koblenz, a.a.O.). Mit einer derartigen Auslegung wird vielmehr die Grenze des möglichen Wortsinns der Norm und damit die Grenze zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung (Art 20 Abs. 3 GG; vgl. BVerfG, BVerfGE 87, 209, 224 f.) überschritten.
[5] Zwar zieht der Wortlaut im Hinblick auf verfahrensrechtliche Vorschriften anders als etwa im materiellen Strafrecht keine starre Auslegungsgrenze (BVerfG, BVerfGE 118, 212, 243). Dies gilt auch für kostenrechtliche Vorschriften wie Nr. 9003 KV-GKG. Allerdings verbietet sich eine an teleologischen Gesichtspunkten ausgerichtete Norminterpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, ihren Widerhall nicht im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder – bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke – stillschweigend gebilligt wird, da sie unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers eingreift (BVerfG, ebd.).
[6] Die Materialien zu Nr. 9003 KV-GKG sprechen nicht dafür, die Abholung der Versendung gleichzusetzen. Wie das VG zutreffend hervorgehoben hat, soll nach der amtlichen Begründung zu dem mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz vom 24.6.1994 (BGBl S. 1325, 2591, 3471) neu in das Kostenverzeichnis aufgenommenen Auslagentatbestand pauschal die Abgeltung von Aufwendungen ermöglicht werden, die dadurch entstehen, dass Akteneinsichten an einem anderen Ort als dem der aktenführenden Stelle gewünscht und dadurch Versendungen notwendig werden (BT-Drucks 12/6962, S. 87). Auch die amtliche Begründung stellt damit ausdrücklich auf eine “Versendung’ ab. Eine planwidrige Regelungslücke, die Voraussetzung für eine nach dem oben gesagten allein denkbare analoge Anwendung von Nr. 9003 KV-GKG wäre und die der Ausfüllung durch richterliche Rechtsfortbildung zugänglich sein könnte (vgl.BVerfG, BVerfGE 118, 212, 243; BVerwG, NJW 1997, 2966, 2967), liegt mithin auch unter diesem Gesichtspunkt nicht vor. Auch seinem Sinn und Zweck nach knüpft Nr. 9003 KV-GKG die Kostenfolge (Aktenversendungspauschale) an die gegenüber der Abholung der Akten bei dem Gericht zusätzlichen Kosten, die mit der demgegenüber zusätzlichen Leistung des Gerichts, nämlich der Versendung, verbunden sind. Zugleich entfällt bei einem Abholen der Akten bei Gericht gerade der in der Ersparnis des Wegs zum Gericht liegende Vorteil des Bevollmächtigten, der (allein) die Abschöpfung durch die Erhebung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe rechtfertigt (vgl. BVerfG, NJW 1996, 2222, 2223).
[7] Für eine in engen Ausnahmefällen grds. denkbare “berichtigende Auslegung’ ist im Hinblick auf Nr. 9003 KV-GKG demnach kein Raum, da der Wortlaut der Norm weder unklar ist noch ein “Redaktionsversehen’ des Gesetzgebers (vgl. K.F. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 1994, S. 630) konstatiert werden kann.
[8] Angesichts der auch von dem VG zutreffend als Verstoß gegen Art. 20 Abs...