[9] "… II. Die Revision der Bekl. ist begründet. Das Urt. des BG verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Abschleppanordnung stand im Einklang mit dem bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch die an diese Maßnahme anknüpfende Heranziehung des Kl. zur Kostentragung lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Die Revision führt daher zur Änderung des Berufungsurteils und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung."
[10] Zwar sind die Rechtsgrundlagen für den von der Bekl. gegen den Kl. geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch im Wesentlichen dem irrevisiblen Landesrecht zu entnehmen, namentlich den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und des Hessischen Verwaltungskostengesetzes (HVwKostG) sowie der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, auf die die Abschleppanordnung und die daran anschließende Heranziehung des Kl. zur Kostentragung gestützt sind. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt jedoch, ob das BG dabei den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zutreffend angewendet hat (st. Rspr.; vgl. u.a. Beschl. v. 18.2.2002 – BVerwG 3 B 149.01 – [zfs 2002, 503 =] Buchholz 442.151 § 12 StVO Nr. 10 S. 2 m.w.N.). Dass die Inanspruchnahme des Kl. unabhängig davon aus Gründen des Landesrechts rechtswidrig war, haben die Vorinstanzen nicht angenommen; das ist auch sonst nicht ersichtlich.
[11] 1. Entgegen der Auffassung des BG musste hier zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht länger mit der Abschleppanordnung abgewartet werden. Der bundesverfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass in den Fällen eines Verstoßes gegen das absolute Haltverbot, das an Taxenständen nach dem Zeichen 229 für andere als betriebsbereite Taxen gilt, im Allgemeinen eine Wartezeit von mindestens 30 Minuten seit der Feststellung des unzulässigen Abstellens eingehalten werden muss, bevor eine Abschleppmaßnahme eingeleitet werden darf.
[12] a) Nach der Rspr. des erkennenden Senats und des zuvor für das Straßenrecht zuständigen 7. Senats des BVerwG ist es zwar unverhältnismäßig, einen bloßen Verstoß etwa gegen das Verbot des Gehweg-Parkens oder allein die Vorbildwirkung des fehlerhaften Verhaltens, also ausschließlich generalpräventive Erwägungen, zum Anlass für Abschleppmaßnahmen zu nehmen; andererseits ist es aber nicht zweifelhaft, dass verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge regelmäßig abgeschleppt werden dürfen, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer behindern. Dies gilt etwa beim Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder einem Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim verbotswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten. In allen diesen wie auch in sonstigen Abschleppfällen dürfen jedoch die für den Betr. entstehenden Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme bezweckten Erfolg stehen, was unter Abwägung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist. Dabei hat die Straßenverkehrsbehörde sich davon leiten zu lassen, dass Abschleppmaßnahmen ohne konkrete Behinderungen zwar nicht ausgeschlossen sind, die gegenläufigen Interessen aber naturgemäß ein größeres Gewicht bekommen (zusammenfassend dazu Beschl. v.18.2.2002 a.a.O. S. 2 f. m.w.N.).
[13] b) Mit dem Abstellen des Reisebusses am Taxenstand hat der Kl. gegen das mit dem Zeichen 229 angeordnete absolute Haltverbot für nichtberechtigte Fahrzeuge und das sich daraus zugleich ergebende Wegfahrgebot verstoßen, das in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbar ist (vgl. Beschl. v. 26.1.1988 – BVerwG 7 B 189.87 – Buchholz 442.151 § 13 StVO Nr. 4 S. 1 f. und v. 15.6.1981 – BVerwG 7 B 216.80 – Buchholz 442.151 § 41 StVO Nr. 4 S. 3). Der Kl. hat damit gem. § 49 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 41 Abs. 1 StVO und Zeichen 229 der Anlage 2 zur StVO eine Ordnungswidrigkeit begangen. Darüber hinaus verletzt dieses Verhalten – auch ohne dass es erst noch zu einer konkreten Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs kommen muss – die öffentliche Sicherheit im Sinne des Gefahrenabwehrrechts (vgl. zum Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung – HSOG: VGH Kassel, Urt. v. 22.5.1990 – 11 UE 2056/89 – NVwZ-RR 1991, 28).
[14] c) Die Auffassung des BG, dass es an einer Ermessensentscheidung des städtischen Bediensteten vor dem Einschreiten gänzlich gefehlt habe, ist unzutreffend. Dieser hat, wie die von ihm über die Abschleppmaßnahme gefertigte Niederschrift zeigt, die maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten (Verstoß gegen das absolute Haltverbot nach dem Zeichen 229; konkrete örtliche und zeitliche Umstände, insbesondere die bereits eingetretene Behinderung eines anfahrenden Taxis) in den Blick genommen. Er hat außerdem vor der Einleitung der Abschleppmaßn...