[16] "… II. Die Abweisung des Hauptantrags hält rechtlicher Nachprüfung mit der gegebenen Begründung nicht stand. Insoweit bedarf es weiterer Feststellungen, weshalb die Sache an das BG zurückzuverweisen ist."
[17] 1. Die Regelung in § 4 1.1.3. HVB beinhaltet entgegen der Auffassung des BG keinen Risikoausschluss, sondern eine verhüllte Obliegenheit des VN.
[18] a) Als verhüllte Obliegenheiten werden Klauselbedingungen bezeichnet, die wie ein Risikoausschluss formuliert sind, in Wahrheit den Versicherungsschutz aber von einem bestimmten Verhalten des VN abhängig machen. Die Abgrenzung einer verhüllten Obliegenheit von einer Risikobegrenzung richtet sich entscheidend nicht nach dem Wortlaut und der Stellung der Klausel innerhalb eines Bedingungswerks. Ausschlaggebend ist vielmehr ihr materieller Gehalt; es kommt darauf an, ob sie die individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der VR keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des VN fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder verliert (st. Rspr., vgl. nur Senat VersR 2011, 1048 Rn 29 … ).
[19] b) Nach diesen Maßstäben liegt hier eine verhüllte Obliegenheit vor.
[20] aa) Allerdings scheint der Wortlaut der Klausel zunächst auf einen Risikoausschluss hinzudeuten. Die Formulierung “Kein Versicherungsschutz besteht, wenn … ‘ ist insb. im Zusammenhang mit der Überschrift “Ausschlüsse‘ typisch für die Einleitung rein objektiv zu bestimmender Ausschlusstatbestände.
[21] Ferner sind ähnliche Klauseln in der Luftfahrtversicherung von der Rspr. bisher als Risikobeschränkungen eingestuft worden. So hat der Senat eine Regelung wie die des § 4 1.1.2. HVB, nach der der Luftfahrtbetrieb, soweit gesetzlich vorgeschrieben, behördlich genehmigt sein muss, als sekundäre Risikobegrenzung angesehen (VersR 1990, 482 unter 2 a); in der obergerichtlichen Rspr. ist dies auch für das Vorliegen der notwendigen Erlaubnisse und Berechtigungen des Luftfahrzeugführers im Zeitpunkt des Schadenereignisses angenommen worden (OLG Stuttgart VersR 2011, 1559; OLG Celle VersR 2010, 1637; OLG Oldenburg VersR 1998, 839).
[22] bb) Letzteres wird jedoch weder dem materiellen Gehalt der Klausel, wie er sich bei näherer Betrachtung auch aus ihrem Wortlaut ergibt, noch ihrem Sinn und Zweck gerecht, so wie sich dieser dem durchschnittlichen VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs erschließt (vgl. zu diesem Maßstab … BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.).
[23] Indem § 4 1.1.3. HVB anordnet, dass der VR nicht haftet, wenn der Luftfahrzeugführer nicht über die für den konkreten Flug vorgeschriebenen Erlaubnisse, erforderlichen Berechtigungen oder Befähigungsnachweise verfügte, macht er den Versicherungsschutz davon abhängig, dass die versicherten Luftfahrzeuge nur von für den jeweiligen Flugzeugtyp entsprechend ausgebildeten und lizenzierten Piloten geführt werden, die auch die für den konkreten Flug ggf. erforderlichen Zusatzberechtigungen besitzen. Der Haftungsausschluss soll in den Fällen eingreifen, in denen diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. Dies liegt im Verantwortungsbereich des VN der Luftfahrthaftpflichtversicherung, bei dem es sich regelmäßig um den Halter des Luftfahrzeugs als Adressaten der in der Verordnung (EG) Nr. 785/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 über Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber (im Folgenden kurz: EG-VO 785/2004) und ergänzend in § 43 LuftVG geregelten Versicherungspflicht handelt. Er hat es in der Hand, seine Flugzeuge zur Durchführung eines Fluges nur solchen Personen zu überlassen, die die genannten Bedingungen erfüllen, und kann damit die Gefahren, die von der Führung eines Luftfahrzeugs durch Personen ausgehen, die die erforderlichen Qualifikationen nicht besitzen, vermeiden. Damit wird vom VN ein vorbeugendes, gefahrminderndes Verhalten verlangt, von dem es abhängt, ob er die zugesagte Deckung behält oder verliert.
[24] Zugleich besteht der erkennbare Sinn und Zweck der Regelung darin, dass der VR nicht für Schäden haften soll, die der VN durch die Beachtung der dargestellten Verhaltensanforderung hätte vermeiden können. Dieser muss aber mit einem Verlust des Versicherungsschutzes nur dann rechnen, wenn er dafür verantwortlich ist, dass das Luftfahrzeug von einem Luftfahrzeugführer ohne die erforderlichen Erlaubnisse und Berechtigungen geführt wurde (vgl. zu alldem auch Senat VersR 2011, 1048 Rn 30 f. betreffend die Regelung in § 132 Abs. 1 VVG a.F. über die ungenügende Bemannung eines Schiffes).
[25] Nur mit einem solchen Verständnis der Klausel genügt die Versicherung auch den Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 S. 2 EG-VO 785/2004, wonach die versicherten Risiken unter anderem Entführungen und die unrechtmäßige Inbesitznahme von Luftfahrzeugen einschließen müssen. Diese Bestim...