[6] "… Die Ausführungen des BG begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken."
[7] 1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ansatz des BG, dass nach § 110 Abs. 1 SGB VII Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist, den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen dann haften, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs. Für die Auslegung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit kann auf die zu § 640 Abs. 1 RVO a.F. ergangene Rspr. zurückgegriffen werden. Die Vorschrift in § 110 Abs. 1 SGB VII hat im Vergleich zu § 640 Abs. 1 RVO a.F., an dessen Stelle sie getreten ist, an dem haftungsauslösenden Verschuldensgrad nichts geändert (vgl. Senatsurt. v. 30.1.2001 – VI ZR 49/00, VersR 2001, 985, 986; BGH, Urt. v. 15.5.1997 – III ZR 250/95, NJW 1998, 298, 301; BT-Drucks 13/2204, S. 101). Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluss auf ein entsprechend gesteigertes personales Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einherzugehen pflegt. Vielmehr erscheint eine Inanspruchnahme des haftungsprivilegierten Schädigers im Wege des Rückgriffs nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. Senatsurt. v. 30.1.2001 – VI ZR 49/00, a.a.O. und v. 12.1.1988 – VI ZR 158/87, VersR 1988, 474, 475 m.w.N. sowie BGH, Urt. v. 8.7.1992 – IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149). Dies hat das BG im Ansatzpunkt richtig gesehen.
[8] 2. Auch trifft die Rechtsauffassung des BG zu, dass sich die grobe Fahrlässigkeit der Bekl. nicht allein mit der Verletzung der geltenden Unfallverhütungsvorschriften begründen lässt. Nicht jeder Verstoß gegen die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften ist schon als ein grob fahrlässiges Verhalten i.S.d. § 110 SGB VII zu werten (vgl. Senatsurt. v. 8.5.1984 – VI ZR 296/82, VersR 1984, 775, 776; v. 21.10.1980 – VI ZR 265/79, VersR 1981, 75; v. 22.6.1971 – VI ZR 39/70, VersR 1971, 1019, 1020 und v. 8.10.1968 – VI ZR 164/67, VersR 1969, 39, 40). Vielmehr ist auch dann, wenn solche Verstöße gegen Sorgfaltsgebote vorliegen, eine Wertung des Verhaltens des Schädigers geboten, in die auch die weiteren Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind. So kommt es darauf an, ob es sich um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befasst und elementare Sicherungspflichten zum Inhalt hat. Auch spielt insb. eine Rolle, ob der Schädiger nur unzureichende Sicherungsmaßnahmen getroffen oder von den vorgeschriebenen Schutzvorkehrungen völlig abgesehen hat, obwohl die Sicherungsanweisungen eindeutig waren. Im letzteren Fall kann der objektive Verstoß gegen elementare Sicherungspflichten ein solches Gewicht haben, dass der Schluss auf ein auch subjektiv gesteigertes Verschulden gerechtfertigt ist (vgl. Senatsurt. v. 18.10.1988 – VI ZR 15/88, VersR 1989, 109, 110).
[9] 3. Der Senat vermag indes dem BG in der Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
[10] a) Zwar ist die tatrichterliche Entscheidung, ob den Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit trifft, mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt aber, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (vgl. Senatsurt. v. 30.1.2001 – VI ZR 49/00, a.a.O., 985 und v. 18.10.1988 – VI ZR 15/88, a.a.O., 109 m.w.N.). Wie die Revision mit Recht beanstandet (§ 286 ZPO), hat das BG die vom Gesetz vorgeschriebene Gesamtwürdigung nicht in der gebotenen Weise vorgenommen (vgl. Senatsurt. v. 8.5.1984 – VI ZR 296/82, a.a.O.). Auch sind für die Beurteilung des Verschuldensgrades der Bekl. wesentliche Umstände noch nicht geklärt.
[11] b) Die im Streitfall einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften für Bauarbeiten GUV-V C 22 regeln in § 6 Abs. 3, § 28 Abs. 1 i.V.m. der DIN 4124 (Stand 10.02) die an die Standsicherheit von Gräben zu stellenden Anforderungen. Sie haben elementare Sicherungspflichten zum Inhalt, die sich mit Vorrichtungen zum Schutz der Arbeiter vor tödlichen Gefahren befassen. Die Regelungen in §§ 6 Abs. 3, 28 Abs. 1 GUV-V C 22 sehen vor, dass Wände von Baugruben und Gräben so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern sind, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind. Nach den allgemeinen Vorschriften der DIN 4124 dürfen Gräben in mindestens steifem bin...