" … Tathandlung nach § 6 PflVG ist der Gebrauch eines Fahrzeugs ohne zivilrechtlich wirksamen Haftpflichtversicherungsvertrag. Demgemäß fehlt es am äußeren Tatbestand der Strafvorschrift, sofern im Zeitpunkt der Verwendung des Fahrzeugs im Verkehr ein gültiger, den Erfordernissen des § 1 PflVG genügender Haftpflichtversicherungsvertrag besteht. Unter Haftpflichtversicherungsvertrag ist jede vertragliche Beziehung zu verstehen, die eine den Vorschriften des Gesetzes entsprechende Haftpflichtversicherung zum Gegenstand hat, namentlich auch die vorläufige Deckungszusage des Versicherers (BGHSt 33, 172, 175). Händigt der Versicherer dem Versicherungsnehmer die für die behördliche Zulassung seines Fahrzeugs nach § 23 Abs. 1 FZV erforderliche Versicherungsbestätigung aus oder nennt der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei elektronischer Versicherungsbestätigung nach § 23 Abs. 3 FZV die Versicherungsbestätigungsnummer, so liegt darin gem.B.2.1. AKB 2008 die Zusage vorläufiger Deckung (vgl. Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl., B AKB 2008, Rn 19). Dieses Verfahren beruht auf § 9 Satz 1 KfzPflVV und § 5 Abs. 6 PflVG. Solange diese Zusage gilt, besteht ein wirksamer Haftpflichtversicherungsvertrag (vgl. BGH a.a.O.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. § 23 FZV Rn 6)."
Zwar wird als Beginn des vorläufigen Versicherungsschutzes regelmäßig – so auch im vorliegenden Fall – der Tag der Zulassung vereinbart. Allerdings besteht nach H.3.1 AKB 2008 in der Kfz-Haftpflichtversicherung auch Versicherungsschutz für Zulassungsfahrten mit ungestempelten Kennzeichen, ausgenommen Fahrten, für die ein rotes Kennzeichen oder ein Kurzzeitkennzeichen benutzt werden muss. Dieser erweiterte Versicherungsschutz korrespondiert mit § 10 Abs. 4 FZV; danach dürfen Fahrten, die im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren stehen, insb. Fahrten zur Anbringung der Stempelplakette sowie Fahrten zur Durchführung einer Hauptuntersuchung oder einer Sicherheitsprüfung innerhalb des Zulassungsbezirks und eines angrenzenden Bezirks mit ungestempelten Kennzeichen durchgeführt werden, wenn die Zulassungsbehörde vorab ein solches zugeteilt hat und die Fahrten von der Kfz-Haftpflichtversicherung erfasst sind.
Hieran anknüpfend definiert H.3.2 AKB 2008 Zulassungsfahrten als "Fahrten, die im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren innerhalb des für den Halter zuständigen Zulassungsbezirks und eines angrenzenden Zulassungsbezirks ausgeführt werden." Das sind "Fahrten zur Durchführung der Hauptuntersuchung, Sicherheitsprüfung oder Abgasuntersuchung oder Zulassung, wenn die Zulassungsbehörde vorab ein ungestempeltes Kennzeichen zugeteilt hat". Den Versicherungsschutz für Zulassungsfahrten mit ungestempelten Kennzeichen weist der Halter gegenüber der Zulassungsbehörde mittels der Versicherungsbestätigung nach Anlage 11 Nr. 1 FZV nach. Will der Versicherer diesen Schutz nicht bieten, kann er den entsprechenden Passus streichen. Dieses Verfahren ist auch bei der seit dem 1.9.2008 vorgeschriebenen elektronischen Versicherungsbestätigung nach § 23 Abs. 3 FZV möglich (vgl. Jacobsen a.a.O., H ABK 2008, Rn 28). Im vorliegenden Fall hatte der Versicherer den Passus nicht gestrichen, so dass auch Versicherungsschutz für Zulassungsfahrten mit ungestempelten Kennzeichen bestand. Hiervon ist auch das LG ausgegangen.
Welchem Zweck die Fahrt im vorliegenden Fall diente, hat das LG indes nicht festgestellt. Es hat lediglich festgestellt, dass der Angekl. wegen des ungültig gestempelten Fahrzeugbriefs nicht in der Lage war, das Fahrzeug zuzulassen. Im Rahmen der Beweiswürdigung hat es zudem ausgeführt, dass der Angekl. eine Fahrt zur Zulassungsbehörde nicht unternommen haben kann, weil die Fahrt um 22.42 Uhr stattfand. Diese Feststellungen schließen jedoch nicht aus, dass für die Fahrt dennoch der vorläufige Versicherungsschutz bestand. Denn nach der bereits zitierten Definition von Zulassungsfahrten in H.3.2 AKB 2008 fallen darunter nicht nur Fahrten zur Zulassungsbehörde selbst. Abgesehen davon entfällt der Versicherungsschutz nicht zwingend dadurch, dass der Versicherungsnehmer die Zulassungsfahrt auch zu anderen Zwecken nutzt (BGH MDR 1976, 476).
Der Zweck der Fahrt kann hier jedoch offen bleiben. Auch ohne seine Feststellung kann der Senat ausschließen, dass der objektive Tatbestand des § 6 Abs. 1 PflVG erfüllt ist. Denn Verstöße gegen die Vertragsbedingungen nach H.3.1 und H.3.2 AKB 2008 beeinträchtigen nicht den Bestand des Versicherungsvertrags, sondern sind reine Obliegenheitsverletzungen (Kreuter-Lange/Schwab in Halm/Kreuter/Schwab, AKB 2008, H.3.2, Rn 2219; Heinzlmeier, NZV 2006, 225, 227 f.). Auch die Zuteilung eines ungestempelten Kennzeichens ist nicht Voraussetzung für den Versicherungsschutz; ihre Erwähnung in H.3.1. AKB 2008 dient nur der Zuordnung des Sachverhalts zu der Regelung nach § 10 Abs. 4 FZV (Jacobsen a.a.O. Rn 32). Als reine Obliegenheitsverletzungen beeinträchtigen etwaige Verstöße gegen H.3.1 AK...