"… Das LG hat zu Recht einen Ausgleichsanspruch der Kl. in Höhe von weiteren 1.461,32 EUR bejaht."
Der Senat hält die Ausführungen des LG für zutreffend. Soweit sich die Berufungsklägerin gegen die Rechtsauffassung des LG hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 78 Abs. 2 S. 1 VVG wendet, vermag dem der Senat nicht zu folgen.
Zutreffend nahm das LG die Anwendbarkeit deutschen Rechts gemäß Art. 20 und 19 der Verordnung 864/2007/EG (Rom II-Verordnung) an und bejahte, dass Anhänger und Zugfahrzeug haftungsrechtlich eine Einheit bilden. Vor diesem Hintergrund besteht entgegen der Rechtsauffassung der Berufungsführerin ein begründeter Anspruch der Kl. aus § 78 Abs. 2 VVG auf anteilige Verteilung der Rechtsverfolgungskosten.
Grds. ist § 78 VVG auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil es sich bei unterschiedlicher Versicherung von Zugfahrzeug und Anhänger um eine Mehrfachversicherung handelt (vgl. BGH NJW 2018, 2958; NJW 2011, 447), da das identische Interesse gegen die identische Gefahr mehrfach haftpflichtversichert ist (…) und § 78 VVG für das gesamte Schadensversicherungsrecht, also auch das Haftpflichtversicherungsrecht gilt (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, 30. Aufl. 2018, § 78 VVG Rn 2 m.w.N.). Er ist anwendbar, da der streitgegenständliche Unfall im Inland passierte (zu OLG Celle, in diesem Heft, S. 453). Insofern ist § 78 Abs. 2 lex specialis zu § 426 BGB, so dass entgegen der Rechtsauffassung der Berufungsklägerin die §§ 423–426 BGB auf den vorliegenden Fall gerade nicht anwendbar sind.
Auch der Einwand der Berufungsklägerin, dass sich der streitgegenständliche Ausgleichsanspruch nicht aus § 78 VVG, sondern einzig und allein aus § 86 VVG ergebe, greift nicht durch. Die Berufungsklägerin verkennt hierbei, dass die versicherungsvertragliche Regelung des § 86 VVG entsprechend ihrem klaren Wortlaut den gesetzlichen Forderungsübergang vom VN auf den VR bestimmt. Diese Konstellation ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Denn vorliegend streiten die Parteien über den Ausgleichsanspruch und dessen Umfang unter Versicherungen unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachversicherung gem. §§ 77 ff. VVG.
Somit sind die VR gem. § 78 Abs. 2 VVG im Verhältnis zueinander zu Anteilen (hier hälftigen) nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. In der Haftpflichtversicherung ist die Höhe der versicherten Aufwendungen zu ermitteln (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, a.a.O., § 78 VVG Rn 13). Zu dem inhaltlichen Gesamtschaden sind angefallene Rettungskosten (§ 83 VVG), die Kosten der Schadensermittlung und -feststellung (§ 85 VVG) und die Kosten der Abwehr unbegründeter Ansprüche hinzuzurechnen. Denn gem. § 100 VVG umfasst die Leistungspflicht des VR in der Haftpflichtversicherung auch die Abwehr unbegründeter Ansprüche, weshalb gem. § 101 Abs. 1 VVG die Versicherung die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten, die durch die Abwehr der von einem Dritten geltend gemachten Ansprüche entstehen, zu tragen hat. Deshalb sind auch die – in der Höhe unstreitigen – hälftigen Rechtsverteidigungskosten, die von der Kl. als führender VR übernommen wurden (vgl. hierzu Prölss/Martin/Armbrüster, a.a.O., vor § 77 VVG Rn 25), von der Bekl. zu übernehmen. Nicht maßgeblich ist hierbei die hypothetische Überlegung der Berufungsführerin, welche Rechtsverteidigungskosten bei einem anderen Regulierungsverhalten der Kl. entstanden wären, zumal nicht ersichtlich ist, dass das Regulierungsverhalten der Kl. nicht korrekt gewesen ist. Vielmehr führt das LG zutreffend aus, dass es unbillig ist, wenn für Rechtsverteidigungskosten des in Anspruch genommenen VR kein Ausgleich stattfinden soll, da es vom Zufall abhängt, welche von zwei möglichen VR der Unfallgegner in Anspruch nimmt. …“
zfs 8/2020, S. 455 - 456