Die Corona-Pandemie hat in allen Bereichen Einfluss genommen und die Auswirkungen dauern an, auch im Ablauf von gerichtlichen Verfahren.
Gerichtsverfahren verzögern sich erheblich. Bei Gerichten, Behörden und Versicherern aber auch bei Rechtsanwälten in den Mandatsbeziehungen wurde die Tätigkeit teilweise beinahe vollständig eingeschränkt, jedenfalls erheblich zurückgefahren. Seit Mai fingen Gerichte langsam wieder an, Verhandlungen durchzuführen. Allerdings hat sich von Anfang an die Frage gestellt, wie sollen die Verfahren neu terminiert werden, wenn auch nach den Ferien wieder der "normale" Betrieb aufgenommen wird und viele Gerichte ohnehin bereits im Herbst und zum Jahresende hin ihre Verfahren terminiert hatten. Einen Stillstand der Rechtspflege gab es durch Arbeiten im Home-Office und in tageweisen Wechseln in der Kanzlei, bei Gericht und Versicherern nicht.
Es dürfte wohl jedem Kollegen und auch den Richtern Sorgen bereitet haben, wie sämtliche Termine untergebracht werden sollen, ohne alle "ausgefallenen" Verfahren auf das nächste Jahr zu verlegen.
Abgesehen von den allgemeinen Schwierigkeiten, die die Corona-Zeit zweifellos mit sich gebracht hat, war und ist damit auch die zügige Durchführung der Verfahren weiterhin nicht sicher. Gerichte, Rechtsanwälte und Versicherer stehen vor dem Problem, ob nicht eine weitere Welle die Planung in den nächsten Monaten aus den ngeln hebt. Zahlreiche Terminsverlegungsanträge, die zu einem hohen organisatorischen Aufwand führen, Ladungen von Zeugen aus dem In- und Ausland, die mit möglichen Reisebeschränkungen bei einem neuen Gerichtstermin nicht erscheinen können und überlange Verfahrensdauern müssen vermieden werden.
Gerichte können auf schriftliche Verfahren ausweichen oder die Digitalisierung bei der Durchführung der Verfahren – nicht nur auf das Home-Office begrenzt – erweitern, insbesondere durch Videovernehmungen. Viele Richter sind jedoch bereits zu Beginn dazu übergegangen und haben den Parteien, vielfach gleich mit den Terminsverlegungen, Vergleichsvorschläge unterbreitet. Diese oft mit dem Hinweis, den wohl jeder Kollege kennt, dass aufgrund der unbestimmten Situation die Verfahrensdauer nicht absehbar ist. Auch unter Rechtsanwälten wurden Vergleiche angeregt, um ein Verfahren kurzfristig abschließen zu können. In den letzten Monaten dürfte die Anzahl von geschlossenen Vergleichen deutlich gestiegen sein. Der Austausch unter Kollegen und auch mit den Richtern "mal über die Sache zu sprechen" und einen möglichen Vergleich auszuloten, hat sicher deutlich zugenommen und ist sehr begrüßenswert. Die Corona-Pandemie hat zweifellos viele Bereiche stillgelegt, aber die Gesprächsbereitschaft im Verkehrsrecht zwischen Rechtsanwälten und Versicherern sowie die Beschleunigung von außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren durch Vergleiche deutlich gefördert.
Autor: Verena Bouwmann
RAin Verena Bouwmann, FAin für Verkehrsrecht, München
zfs 8/2020, S. 421