"… II."
Der (erneute) Antrag des ASt. auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis ist gem. § 122 Abs. 1, § 88 VwGO sachgerecht als Antrag nach § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO auszulegen, den vorläufigen Rechtsschutz versagenden Beschluss der Kammer v. 23.12.2019 – 1 B 39/19 – zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis wiederherzustellen.
Der so verstandene Antrag des ASt. bleibt ohne Erfolg. (…)
Gem. § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter Umstände beantragen. Daneben kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO jederzeit von Amts wegen einen Beschluss über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ändern oder aufheben. Insoweit ist der Antrag des ASt. gleichzeitig als Anregung an das Gericht zu verstehen, den Beschluss der Kammer vom 23.12.2019 von Amts wegen zu ändern.
Dabei dient das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO nicht in der Art eines Rechtsmittelverfahrens der Überprüfung, ob die vorangegangene Entscheidung formell und materiell richtig ist. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2011 – 8 VR 2/11, juris Rn 8).
Das ist hier nicht der Fall.
Unverändert überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis des ASt. dessen Interesse, hiervon verschont zu bleiben. Die gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gerichtete Klage wird ohne Erfolg bleiben, weil der angefochtene Bescheid rechtmäßig erging. Der AG entzog dem ASt. zu Recht die Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (st. Rspr. BVerwG, Urt. vom 26.1.2017 – 2 C 21/15, juris Rn 11 m.w.N.). Zur Begründung im Einzelnen verweist der Einzelrichter auf die Beschlüsse der Kammer v. 23.12.2019 – 1 B 39/19 – und des NdsOVG v. 3.3.2020 – 12 ME 6/20 (zfs 2020, 235).
Das vom ASt. für seinen jetzigen Antrag vorgetragene Vorbringen rechtfertigt eine Änderung des vorläufigen Rechtsschutz versagenden Beschlusses der Kammer nicht. Die angeführte Weigerung des AG, einen Antrag des ASt. auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis vor rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens auf Entziehung der Fahrerlaubnis nicht zu bearbeiten, berührt schon in der Sache nicht die Frage der Geeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen und damit die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis. Unabhängig davon sind diese Umstände erst nach Erlass dieser Verfügung eingetreten. Sie sind daher mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung auch in zeitlicher Hinsicht nicht entscheidungserheblich.
Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten merkt der Einzelrichter an, dass den Regelungen in § 4 Abs. 10 StVG und § 20 Abs. 4 FeV nicht zu entnehmen ist, dass vor Eintritt der Rechtskraft einer Fahrerlaubnisentziehung ein Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht eingeleitet werden kann. Den genannten Vorschriften kann ein Antragshindernis allein in zeitlicher Hinsicht entnommen werden. Ein ASt. kann mit Blick auf die Gesamtdauer eines ggf. über mehrere Instanzen geführten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und unter Berücksichtigung dessen, dass währenddessen regelmäßig die Sperrfrist aufgrund der Fahrerlaubnisentziehung abgelaufen ist, ein berechtigtes Interesse daran haben, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen die Fahrerlaubnis zeitnah neu erteilt wird. So soll gerade durch die Regelung in § 20 Abs. 4 FeV ermöglicht werden, bereits vor Ablauf der Sperrfrist eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu beantragen. Damit soll dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen werden (vgl. Freymann/Wellner, Straßenverkehrsrecht, Stand: 2019, § 20 FeV Rn 41). Lediglich in zeitlicher Hinsicht sieht § 20 Abs. 4 FeV eine Antragssperre vor, dass nicht früher als sechs Monate vor Ablauf der Sperrfrist die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis beantragt werden kann. Insoweit knüpft diese Fristbestimmung nicht an den Eintritt der Rechtskraft der Entziehung der Fahrerlaubnis an. Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, ob eine Fahrerlaubnis bereits vor Eintritt der Rechtskraft einer Fahrerlaubnisentziehung neu erteilt werden kann. Bejahendenfalls wäre es möglich, dass bei Neuerteilung einer Fahrerlaubnis und einer nachfolgenden Aufhebung einer früheren Fahrerlaubnisentziehung der Betr. über mehrere Fahrerlaubnisse (gleicher Klassen) verfügt. Die Erteilung mehrerer inhaltsgleicher Fahrerlaubnisse ist im StVG und in der FeV abe...